Andreas Franz Reißmüller ist der heutige Inhaber der Goldschmiede Leser in Straubing.
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Andreas Franz Reißmüller ist der heutige Inhaber der Goldschmiede Leser in Straubing.

Eine "goldene" Erfolgsgeschichte

Seit Jahrtausenden fasziniert die Menschen der Glanz des Goldes: Bereits vor mehr als 5.000 Jahren schürften unsere Vorfahren nach dem edlen Metall, formten es und trieben damit Handel. In Niederbayern hat sich eine Familie seit über 250 Jahren dem Gold verschrieben und hat allen Wirren der Zeit widerstanden: Seit dem Jahr 1768 ist die Familie Leser nachweisbar in Straubing ansässig. Heute wird das Handwerk der Gold- und Silberverarbeitung bereits in der achten Generation ununterbrochen von den Nachkommen des ersten bekannten Mitglieds der Familie weitergeführt. Ob die neunte Generation die Geschichte der Firma Leser weiterführen wird, steht zwar noch in den Sternen. Allerdings attestieren seine Eltern dem 2005 geborenen Aurelius ebenfalls eine kreative und künstlerische Ader.

Die erste und älteste erhaltene bekannte Urkunde im Besitz der Familie ist die Kopie eines Taufscheins für Wenzel Matthias Leser. Er wurde 1747 in Prag geboren und heiratete 1768 in Straubing, wo er sich als Gürtler niederließ. Wenzel Lesers Sohn Franz Anton erlernte denselben Beruf wie sein Vater und arbeitete den Quellen nach als "Gürtler und Goldarbeiter". "Die Bezeichnung macht bereits die Veränderung in der beruflichen Orientierung hin zum Goldschmied deutlich", sagt Andreas Reißmüller, der als heutiger Inhaber der Goldschmiede Leser auf seine Firmengeschichte zurückblickt. Dessen Sohn Jacob Leser, Enkel des Gründers, setzte die Tradition fort.

Goldschmiede-Werke bei Weltausstellung 1893

1893 stellte die Firma Jacob Leser auf der Weltausstellung in Chicago ihre Werke aus. Per Schiffsladung wurden die Ausstellungsobjekte in die USA gebracht. Allein acht Tage brauchte der Norddeutsche Lloyd mit dem Dampfer von Bremen nach New York. In den Vereinigten Staaten machten sich die Niederbayern einen Namen: Bestellungen für Kirchen in Pittsburgh und Milwaukee, Albany und Cairo (Illinois) sind in den Analen verzeichnet. Nicht nur die Kirche, auch das bayerische Königshaus und einzelne Mitglieder des Hauses Wittelsbach, die Häuser Sachsen-Coburg-Gotha und Sachsen-Altenburg und zahlreiche Adelsfamilien zählten zu der Klientel der Firma Leser. Am 31. Juli 1887 ernannte Prinzregent Luitpold Jakob Leser zum "Königlich Bayerischen Hofjuwelier", den er bis zum Ende der Monarchie 1918 beibehielt. Papst Leo XIII. zeichnete Jacob Leser mit dem goldenen Verdienstkreuz aus.

"Doch der Erfolg unserer Familie hatte auch seine negativen Seiten", sagt Reißmüller. So behaupteten Konkurrenten, dass Lesers Werke zu dünn vergoldet seien. Sie warfen ihm indirekt Fälschung und persönliche Bereicherung vor. Eine weitere Krise zeichnete sich während des Ersten Weltkrieges ab. Das Großkanzleramt des Königlich Bayerischen Militär-Verdienstordens hatte sich beschwert, dass die Gewichtseinhaltung bei den Orden nicht stimmte. Jacob Leser starb 1927. Sein Sohn Oscar expandierte in die Landeshauptstadt München, um näher bei den Kunden zu sein. Doch die Wirtschaftskrise zwischen den beiden Weltkriegen traf auch den Familienbetrieb, Aufträge blieben aus. 1944 wurde das Münchner Gebäude im Krieg zerstört, 1945 fällt Oskar Lesers Sohn Rudolf.

Für die Zukunft hat der Inhaber noch viel vor

Eine Zäsur für die Familie, doch kein Grund zum Aufgeben: Oskar Lesers Tochter Berta Leser, verheiratete Reißmüller, übernahm das Geschäft in Straubing mit ihrem Ehemann Hermann Reißmüller. "Nach der Währungsreform 1948 kam der Handel allmählich wieder in Schwung. Die Menschen setzten in bleibende Werte und kauften Gold und Schmuck", zitiert der heutige Inhaber und Enkel von Hermann, Andreas Franz Reißmüller, aus der Betriebschronik. Sein Vater Hermann hatte ihm schon früh in die Kunsthandwerkerbahn gelenkt. 1993 machte Andreas Reißmüller seinen Meisterbrief in Regensburg als Jahrgangsbester. Anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Straubinger Gäubodenvolksfestes kreierte Andreas Reißmüller ein besonderes Schmuckstück: einen Stadtturmanhänger mit drehbarem Riesenrad, den die Stadt Straubing zur Eröffnung der Ostbayernschau im Jahre 2012 der Gattin des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer überreichte. Diese trug das Schmuckstück sogar bei der Eröffnung des Münchner Oktoberfestes. "Das hat mich ganz besonders gefreut", erinnert sich der Handwerker. Für die Zukunft hat Reißmüller noch viel vor: Vor zwei Jahren ergänzten er den Betrieb um eine weitere Werkstatt im zweiten Obergeschoss. Drei junge Auszubildende haben dort Platz, das Goldschmiedehandwerk zusammen mit einer Meisterin in Ruhe und abseits vom Ladengeschehen zu erlernen. Das Unternehmen zählt heute rund 20 Mitarbeiter. "Viele Straubinger, aber auch zahlreiche neue Kunden von weit her erfreuen sich an den handwerklichen Unikaten der Goldschmiede Leser und schätzen diese sehr", sagt Andreas Reißmüller

Der Stadtturmanhänger mit drehbarem Riesenrad entstand anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Straubiger Gäubodenfestes.
Goldschmiede Leser
Der Stadtturmanhänger mit drehbarem Riesenrad entstand anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Straubiger Gäubodenfestes.