In einer rustikalen Bäckerei-Kulisse präsentiert Konditormeister Christian Philipps ein aufgeschnittenes Brot, während Mehlstaub in der Luft schwebt.
Thomas Pfeifer
Christian Philipps hat sich mit seinem 360 Grad Laib bundesweit einen Namen gemacht.

Aus der Deutschen Handwerks ZeitungTradition neu gedacht

Waldmünchen in der Oberpfalz, kurz vor der tschechischen Grenze: im Ortskern der Kleinstadt im Landkreis Cham oberhalb des Marktplatzes liegt die Bäckerei Philipps. Im Verkaufsraum duftet es nach frischem Brot und Gebäck – mit einer gewöhnlichen Bäckerei hat man es hier aber nur teilweise zu tun. „Das Ladengeschäft ist nur eins unserer Standbeine“, berichtet Christian Philipps, Konditormeister und Inhaber der traditionsreichen Innungsbäckerei. Der 36-Jährige betreibt zusätzlich einen Online-Shop und beliefert sowohl die Groß- als auch die Spitzengastronomie. Im Zentrum all dessen steht eine Marke, die Christian Philipps vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat – sie verbindet traditionelles Bäckerhandwerk mit modernen Vertriebs- und Werbestrategien. Das Kernprodukt ist so einfach wie genial: ein markantes, dunkel gebackenes Sauerteigbrot, der 360 Grad Laib, der der Marke und der Bäckerei mittlerweile einen überregionalen Ruf verschafft hat. Wie es dazu gekommen ist und was dahinter steckt erzählt Christian Philipps im Gespräch.

Von NRW nach Bayern

Das Backen liegt Christian Philipps in den Genen, im Handwerk ist er verwurzelt. Er und sein Bruder sind in eine Bäckerfamilie hineingeboren. Die heimische Bäckerei im Dreiländereck zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die Philipps und sein Bruder als Konditor- und Bäckermeister gemeinsam weiterführen möchten, betreiben seine Eltern 25 Jahre lang. Wegen Problemen mit dem Gebäude muss die Familie die gemieteten Räume dann aber aufgeben. „Dann haben wir einfach gesagt, wir gehen alle gemeinsam nach Bayern. Wir haben Bayern alle schon immer toll gefunden.“ Nur ein Jahr später beginnt von Feldkirchen bei München aus die langwierige Suche nach einer passenden Bäckerei. „Wir haben 20 Stück angeschaut, 19 haben nicht gepasst“, berichtet Philipps. Der letzte Betrieb auf der Liste führt ihn und seinen Vater schließlich in die bayerische Grenzregion, nach Waldmünchen. „Dort angekommen haben wir schnell gemerkt, dass der Betrieb super dasteht.“ Noch am selben Abend beschließen die Familie Philipps und die ursprünglichen Eigentümer die Übernahme. In Waldmünchen ist das das Ende einer Ära, denn von 1842 bis 2013 war der Betrieb in einer Familienhand. „Da krieg ich Gänsehaut, wenn ich das nur höre“, sagt Philipps. Entsprechend ernst nimmt der damals nur 24-Jährige, die Verantwortung für das Bestehen der Bäckerei und dafür, dass sie auch weiterhin für ihren überregionalen Ruf bekannt bleibt.

Gastronomie und Bäckerei

Als „Zugroaster“ in der tiefsten Oberpfalz hat es Philipps anfangs nicht immer leicht gehabt. Doch seine Devise erweist sich als Erfolgsrezept und die lautet: große Brötchen backen – sprichwörtlich und wortwörtlich. Sein markantes Brot, der 360 Grad Laib, und das dazugehörige Marketing verschaffen ihm bundesweit Aufmerksamkeit. Wofür 360 Grad genau steht, lässt Philipps offen. „Rundum gelungen, rundum neu gedacht, es kann vieles heißen. Auf jeden Fall weckt es Interesse.“ Das Konzept funktioniert: Sterneköche kennen und kaufen sein Brot, Philipps liefert an Freizeitparks und andere Großkunden überall in Deutschland. Einer dieser Großkunden ist die Allianz-Arena in München. Das Brot und die Burger Buns, die hier auf den Tisch kommen, stammen aus seiner Backstube im Herzen Waldmünchens. Auch die Verbindung zwischen Gastronomie und Handwerk ist für Christian Philipps, der selbst Arbeitserfahrung in der Sternegastronomie gesammelt hat, von großer Bedeutung. Hier eine Brücke zu schlagen und mit Köchen zusammenzuarbeiten, „das ist was ich immer wollte.“ Neben der Kooperation mit diversen Sterne- und Fernsehköchen ist er außerdem Mitglied des freakstotable Netzwerks, einem Verein von Köchen und Lebensmittelherstellern, der sich für ethische, regionale und nachhaltige Lebensmittelkultur stark macht. Die Weiterentwicklung der Marke, gleichbleibende Qualität aber gerade auch die menschliche Komponente spielt für Philipps dabei eine enorme Rolle. „So viele gute Freundschaften und Verhältnisse sind aus all dem entstanden und das ist ganz von alleine gekommen.“

„Genau da wo ich hinwill“

2014 hat Philipps 18 Mitarbeiter übernommen – mittlerweile sind 30 Mitarbeiter in seiner Bäckerei beschäftigt. Mit der stetigen Entwicklung der Marke und dem Ausbau der anderen Geschäftszweige wird auch der Platz in der Waldmünchner Backstube langsam eng. „Natürlich müssen wir uns überlegen ob und wie wir hier weitermachen können oder ob wir uns vergrößern müssen“, so Philipps. Geldziele hat der Handwerksmeister dabei keine. „Ich bin froh, wenn ich investieren kann.“ Nur so sei Weiterentwicklung möglich und nur so sei sichergestellt, dass er irgendwann einen funktionierenden und wirtschaftlich rentablen Betrieb weitergeben kann. „Mein höchstes Ziel ist es, irgendwann etwas anzubieten, was meine Tochter oder jemand anders übernehmen möchte.“ Bis es soweit ist hat er noch viel auf seinem Zettel stehen. Die Verdichtung der Marke, eine Veränderung der Produktpalette, Ausbau von Social Media, die Erweiterung der Produktionsfläche. Trotzdem: „Eine Backstube, die seit 1842 besteht hat einen Charme, den hat keine Produktionshalle dieser Welt“, meint Philipps. In über 180 Jahren hat sich in der Bäckerei in der Schulstraße in Waldmünchen viel bewegt – doch eines ist bis heute geblieben: ehrliches Handwerk und die Leidenschaft fürs Backen: „Für mich ist das was ich tue der schönste Beruf der Welt und ich bin genau da wo ich hinwill.“

 Deutsche Handwerks Zeitung

Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 11. Juli 2025.