Michael Rädle neben dem „Herzstück“ seines Betriebsgeländes: hier wird Holz in nachhaltige Energie für das gesamte Gewerbegebiet umgewandelt.
Im Gespräch mit Michael RädleNachhaltigkeit fängt bei jedem Einzelnen an
Wie lässt sich Nachhaltigkeit im Handwerk konkret umsetzen – nicht nur in der Theorie, sondern direkt vor Ort? Michael Rädle aus Illschwang im oberpfälzischen Landkreis Amberg-Sulzbach macht es vor. Als Energieberater SHK, Servicetechniker SHK und zertifizierter Biowärme-Installateur kümmert er sich zusammen mit seinen Mitarbeitern um alles, was mit Heizung, Sanitär und regenerativen Energien zu tun hat. 2010 gründete Rädle mit 28 Jahren das eigene Sanitär- und Heizungsunternehmen. „Werkzeugkoffer, Garage mit 15 Quadratmetern, Büro mit vier Quadratmetern – so habe ich angefangen“. Schon damals war er vom Baustoff Holz fasziniert und Wärmenetze wurden schnell zu seinem Steckenpferd. Das Prinzip: ein Heizhaus wird errichtet und mit einer großen Hackschnitzelanlage ausgestattet. Die erzeugte Wärme wird dann über Versorgungsleitungen in die umliegenden Gebäude befördert. „Das Thema Wärme hat mir schon immer gefallen“, erzählt Rädle, der heute ein Team von zehn Leuten beschäftigt. Doch auch der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt für ihn bei seiner Arbeit eine besondere Rolle.
Regionale Wertschöpfungsketten
Dass viele Menschen grundsätzlich nachhaltig leben und konsumieren wollen, müsse man anerkennen, meint der Unternehmer. „Dass das aber auch Geld kostet – das muss uns auch klar sein“. Michael Rädle kann verstehen, wenn Menschen weniger nachhaltig leben, „weil sie auf die Geldbörse schauen müssen“. Gleichzeitig findet es der 43-Jährige wichtig, sich selbst zu hinterfragen und genau hinzuschauen, was wirklich nachhaltig ist und was nicht. Für Michael Rädle bedeutet Nachhaltigkeit sichere und nachhaltige Wärme und Energie, regionale und hochwertige Lebensmittel sowie belebte Gasthäuser in der Region. Für ihn ist der regionale Aspekt von Nachhaltigkeit entscheidend, genauso wie das breite lokale System, in das es eingebettet sein muss: „Das ist Nachhaltigkeit: vor Ort, für uns“.
Lokale und nachhaltige Wertschöpfungsketten sind ihm dabei äußerst wichtig: „Von der Heizung, die wir verbauen, über die Hackschnitzel, die wir selber produzieren, bis zur Versorgung und deren Organisation übernehmen wir alles“. Und auch bei der Beschaffung der Rohstoffe für seine Hackschnitzel geht Rädle den nachhaltigen Weg: „Wir roden keine Wälder. Wir nehmen nur Schadholz, Windwurf und Schneebruch“. 2017 entschloss sich Rädle dazu, innerhalb eines Gewerbegebiets ein neues Betriebsgebäude mit einer gut dimensionierten Heizung zu errichten, die inzwischen auch alle anderen Gebäude mit Wärme versorgt. Überall sind zudem Photovoltaikanlagen und Warmwasserkollektoren verbaut. „Wir sind hier eigentlich zu 500 Prozent autark“, freut sich der SHK-Fachmann. Mittlerweile ist seine Firma für fünf Wärmenetze verantwortlich – dazu zählen kleine Wärmenetze mit 17 Häusern, aber auch sehr viel Größere mit bis zu 80 Häusern.
Keine Energiewende ohne Handwerk
Beim Thema Nachhaltigkeit spielt das Handwerk eine enorme Rolle, davon ist auch Katrin Riedl, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer, überzeugt: „Das Handwerk ist per se schon nachhaltig, indem es zum Beispiel durch Reparatur, Wartung und Restauration Produktlebenszyklen verlängert“, sagt sie, und: „Ohne Handwerk ist die Energiewende überhaupt nicht möglich.“ Auch die von Wärmespezialist Rädle angesprochene Regionalität und das damit einhergehende Engagement für nachhaltige Lieferketten spielt für Riedl eine große Rolle: „Handwerksbetriebe schaffen Arbeitsplätze, sichern regionale Kreisläufe und engagieren sich gesellschaftlich – dadurch wird Nachhaltigkeit unmittelbar mit Lebensqualität vor Ort verbunden“. Das Handwerk sei damit nicht nur Umsetzer, sondern der eigentliche Motor und Möglichmacher einer nachhaltigen Transformation.
Letztendlich entscheidet der Kunde
Laut Katrin Riedl sind die ostbayerischen Handwerkerinnen und Handwerker dem Thema Nachhaltigkeit gegenüber „positiv, aber auch pragmatisch“ eingestellt. „Viele Handwerksbetriebe leben Nachhaltigkeit bereits. Gleichzeitig sollte das Thema Nachhaltigkeit nicht zu mehr Bürokratie, Aufwand oder Kosten führen.“ so die Betriebsberaterin. Aber auch die Nachfrage entscheide.
Die Verkaufszahlen von Wärmepumpen und Pelletheizungen waren längere Zeit in einem starken Tief. Die Probleme lagen für Michael Rädle dabei nicht nur in der Kürzung der Förderung, sondern auch in der allgemeinen Unsicherheit und Preissteigerung. Nun sieht er aber wieder positive Entwicklungen. Das deckt sich auch mit der Einschätzung von Riedl: Kunden im Allgemeinen und junge Menschen im Besonderen seien immer mehr an nachhaltigem Service und Produkten im Handwerk interessiert – auch ein möglicher Vorteil für Vorreiterbetriebe, wie der von Michael Rädle.
DHZ-Artikel
Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 5. Dezember 2025.
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