Michael Kellner, Bundestagsabgeordneter und Mittelstandsbeauftragter (Bündnis 90/Die Grünen) (2.v.li.) mit HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger (1.v.li.), stv. HWK-Hauptgeschäftsführer Hans Schmidt (1.v.re.) und HWK-Vizepräsident Christian Läpple
Fotostudio Daniel
Michael Kellner, Bundestagsabgeordneter und Mittelstandsbeauftragter (Bündnis 90/Die Grünen) (2.v.li.) mit HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger (1.v.li.), stv. HWK-Hauptgeschäftsführer Hans Schmidt (1.v.re.) und HWK-Vizepräsident Christian Läpple

Mittelstandsbeauftrager der Bundesregierung besucht HWKMehr Geld für die "Hochschulen des Handwerks" nötig

21. August 2023

Jürgen Kilger, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, hofft angesichts hoher Investitionen der Kammer in ihre Bildungsstätten auf Unterstützung aus Berlin: "Der Bund sollte seine ursprünglichen Förderzusagen für das Handwerk einhalten. Stattdessen setzt er den Rotstift an, das passt für mich nicht ganz zusammen", so Kilger zu Michael Kellner, Bundestagsabgeordneter und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung (Bündnis 90/Die Grünen). Sowohl die Förderungen für die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) als auch die Investitionen des Bundes in die Bildungsstätten des Handwerks bezeichnete Kilger – nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Preissteigerungen – als "unzureichend". Kellner war am vergangenen Freitag auf Einladung und mit MdB Stefan Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) zur Handwerkskammer gekommen. Zusammen mit der Grünen-Politikerin und Stadträtin für Regensburg Theresa Eberlein, dem HWK-Vizepräsidenten Christian Läpple, dem stellvertretenden HWK-Hauptgeschäftsführer Hans Schmidt, sowie den Regensburger Unternehmern Peter Schillinger und Eduard B. Wagner wurde über konkrete Forderungen des Mittelstandes an die Bundespolitik gesprochen und über aktuelle Herausforderungen diskutiert. Einig waren sich alle, dass mit Blick auf den Fachkräftemangel das duale Ausbildungssystem gestärkt werden muss. Die Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung sei hierfür eine wichtige Grundvoraussetzung.

 

Finanzierungslöcher und Investitionsstau

Zur Sprache kamen auch die geplanten Haushaltskürzungen im Bundeswirtschaftsministerium in puncto Bildungsstätten-Förderung. Jürgen Kilger rechnete dem Mittelstandsbeauftragten Michael Kellner anhand konkreter Zahlen mehrere drohende Finanzierungslöcher vor: "Wenn die Mittel für die ÜLU und auch für Investitionen in die Bildungsstätten nicht aufgestockt werden, dann droht ein Modernisierungsstau", so der HWK-Hauptgeschäftsführer.

Zum Hintergrund: Auszubildende im Handwerk profitieren neben den Lernorten Betrieb und Berufsschule auch von einem dritten Standbein: der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU). Die überbetrieblichen Kurse sind Teil der beruflichen Qualifizierung und finden während der Ausbildung in den Bildungszentren der Handwerkskammern statt. Die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz allein unterhält elf Bildungszentren, bundesweit gibt es rund 600 derartige Bildungsstätten der Handwerkskammern. Aktuell plant die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz den kompletten Neubau ihres Bildungszentrums in Landshut. "Unsere Bildungsstätten sind die Hochschulen des Handwerks. Sie müssen technisch auf dem neuesten Stand bleiben, denn der Handwerkernachwuchs braucht moderne Lernorte", so Jürgen Kilger. Dafür seien bundesweit jährlich Investitionen im hohen dreistelligen Millionenbereich nötig, die nicht allein von den Kammern gestemmt werden könnten. Auch bei den Zuschüssen für Kurse im Rahmen der ÜLU sollte nach Möglichkeit nicht gekürzt werden, denn: "Das würde zu einer spürbaren Mehrbelastung der Betriebe führen. Und das kann angesichts des eklatanten Fachkräftemangels und der vielen Belastungen für kleine und mittlere Betriebe nicht das richtige Signal an unsere Handwerksunternehmer sein."

 

Bürokratieabbau als Gebot der Stunde

Peter Schillinger, Geschäftsführer der Schillinger Metallbau GmbH, unterstrich die Bedeutung der ÜLU aus Unternehmersicht: "Sie gewährleistet eine gleichbleibend hohe Qualität in der Ausbildung und darum sind wir froh, dass die Handwerkskammer diese Arbeit für alle Ausbildungsbetriebe leistet." Der Handwerksunternehmer wünscht sich von der Politik vor allem eines: stabile Rahmenbedingungen. "Statt ständig neue Sonderprogramme und milliardenschwere Subventionen auf den Weg zu bringen, wären verlässliche Rahmenbedingungen wie ein stabiler Strompreis und weniger Bürokratie eine viel größere Hilfe für den Mittelstand im Land", zeigte sich Schillinger überzeugt.

Eduard B. Wagner appellierte an die Grünen-Politiker, das Thema nachhaltiges Wirtschaften praxistauglich und unternehmerisch machbar auszugestalten: "Wir glauben, dass Nachhaltigkeit gut realisierbar ist, wenn sinnvolle Rahmenbedingungen unbürokratisch gesetzt werden." Der Regensburger Unternehmer und Gründer der Initiative "OHA! – Ostbayern handelt", hat es sich zum Ziel gesetzt, Unternehmer in Niederbayern und der Oberpfalz dazu zu motivieren, so umweltbewusst wie möglich zu handeln. "OHA!" kooperiert zu dem Zweck mit Verbänden und Institutionen in der Region. Die Handwerkskammer ist seit 2022 Mitglied der Initiative.

HWK-Vizepräsident Christian Läpple betonte im Rahmen des Besuchs aus dem Bundeswirtschaftsministerium den hohen Stellenwert des bewährten dualen Ausbildungssystems: "Die Herausforderungen der Energie- und Mobilitätswende sind nur mit gut ausgebildeten Fachkräften zu bewältigen. Dazu gilt es, sämtliche Potenziale zu nutzen."

 Michael Kellner nannte das Handwerk mit seinen bundesweit 5,6 Millionen Beschäftigten und 350.000 Auszubildenden ein "Kernstück der Deutschen Wirtschaft. Ich bin sehr erfreut heute erfahren zu haben, dass es in Ostbayern 35 Prozent mehr Neugründungen im Handwerk gab im Vergleich zu letztem Jahr. Das Handwerk ist eine Schlüsselbranche für die Transformation unserer Wirtschaft und das Gelingen der Energiewende. Ich konnte mich auch überzeugen, dass neue Gesetze auch ankommen: Der Metallbau Schillinger kann mit selbst erzeugten Solarstrom seine Stromrechnung deutlich reduzieren und nutzt die neuen Möglichkeiten für billigen grünen Betriebsstrom."

"In den letzten Jahren konnten wir die Mittel für die ÜLU aufstocken. Mit der Einhaltung der Schuldenbremse müssen wir überall sparen, doch ich verstehe den Wunsch und werde mich im Zuge der weiteren Haushaltsberatungen für Verbesserungen einsetzen.", versprach der Mittelstandsbeauftragte zum Abschluss seines Besuchs.