Eine selbstbewusste Frau steht in ihrer Werkstatt, überkreuzt die Arme und schaut in die Kamera.
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Positivtrend: Immer mehr Frauen gründen im Handwerk.

Im Gespräch mit zwei HandwerkerinnenGründerinnen im Handwerk

Unternehmensgründungen in Deutschland bleiben trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten stabil: 2024 machten sich rund 585.000 Menschen selbstständig – drei Prozent mehr als im Vorjahr. Auch im Handwerk ist dieser Trend spürbar. In Ostbayern stieg nicht nur die Zahl der Gründungen, sondern auch der Anteil an Gründerinnen: 22 Prozent aller neuen Betriebe wurden von Frauen eröffnet. Ein positiver Trend – doch das Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft. Warum sich mehr Frauen im Handwerk trauen sollten, zeigen zwei Beispiele: Hörakustikerin Katrin Schubert und Konditorin Margarita Thomas berichten von ihrem Weg in die Selbstständigkeit.

DHZ-Artikel

Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 11. Juli 2025.



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Selbstständigkeit war „logischer Entschluss“


Für Katrin Schubert war die Selbstständigkeit „irgendwie ein logischer Entschluss“, wie sie lachend erzählt. 2014 begann die damals 31-Jährige aus Traunreut am Chiemsee als Quereinsteigerin in der Hörakustik: „Menschen zu helfen, ihnen wieder mehr Lebensqualität durch besseres Hören zu verschaffen“ – darin fand sie ihre Erfüllung. Mit wachsender Berufserfahrung wuchs auch der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit. Als sie 2023 nach Thurmansbang zog, entschied sie sich, den Handwerksmeister zu machen – als gezielte Vorbereitung auf die Selbstständigkeit. „Ich hatte mir den Juni 2024 als Starttermin gesetzt, dann wollte ich die Türen zu meinem eigenen Laden öffnen“, erzählt sie. Anfang 2024 hielt sie schließlich ihr Meisterzertifikat in den Händen. Jetzt musste alles schnell gehen: „Die Räumlichkeiten waren bereits gesichert, das Budget bis auf wenige Reserven verplant – jetzt musste es einfach losgehen. Durch die großartige Unterstützung vieler Helfer konnte ich meinen Traum rechtzeitig verwirklichen.“ Heute betreibt sie ihren eigenen Laden „Hörwunder“ in Eging am See und beschäftigt drei Mitarbeiterinnen, darunter eine Quereinsteigerin als Fachassistentin in der Hörakustik. Perspektivisch möchte sie auch ausbilden, doch im Moment gilt: „Alle Kapazitäten sinnvoll und stabil einsetzen.“

Nach dem Quereinstieg folgte für Katrin Schubert der Meisterbrief und die Selbstständigkeit, heute beschäftigt sie in ihrem Betrieb drei Mitarbeiterinnen.
Fabienne Schubert
Nach dem Quereinstieg folgte für Katrin Schubert der Meisterbrief und die Selbstständigkeit, heute beschäftigt sie in ihrem Betrieb drei Mitarbeiterinnen.





Auftragskonditorei im Eigenheim

Konditormeisterin Margarita Thomas ist seit einem Jahr selbstständig. Auf dem Foto präsentiert sie sich selbstbewusst mit Schneebesen und Palette.
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Den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit wagte Konditormeisterin Margarita Thomas im letzten Jahr. „Ich liebe meinen Beruf und weiß, dass ich den richtigen Weg gehe.“

Auch Margarita Thomas weiß, was es bedeutet, mit Mut und Überzeugung zu gründen. Die gebürtige Tadschikin kam 1996 als gelernte Köchin und Konditorin nach Deutschland und arbeitete in renommierten Münchner Betrieben, bevor sie 2011 ihren Meister machte – genau wie Schubert mit dem Ziel, sich selbstständig zu machen. „Mein kleiner Sohn war drei, der Große wurde gerade eingeschult, quasi zeitgleich mit mir in die Meisterschule“, erinnert sie sich. Mit Unterstützung ihres Umfelds, das ihr bei der Betreuung der Kinder half, schloss sie ihren Meisterkurs erfolgreich ab und gründete eine eigene Auftragskonditorei, die so gut lief, dass sie sogar Aufträge ablehnen musste. 2024 folgte der Umzug mit ihrer Familie nach Landshut. Im neuen Eigenheim wollte sie im Untergeschoss erneut mit einer Auftragskonditorei starten. Die formalen Schritte der Gründung fielen ihr dank ihrer Vorerfahrung leicht – doch die Kundenakquise gestaltet sich im ländlichen Raum schwieriger. „Sich hier einen Namen zu machen dauert, das ist einfach so.“ Hinzu kommt ein strukturelles Problem, das Thomas klar benennt: die Konkurrenz durch Schwarzarbeit. „Auf Plattformen wie Facebook bieten viele privat Kuchen und Torten an – zu Preisen, mit denen ich als Konditormeisterin nicht mithalten kann, wenn ich auf Qualität, Hygiene und Transparenz achte.“ Dennoch bleibt sie optimistisch. „Ich liebe meinen Beruf, und ich weiß, dass ich den richtigen Weg gehe.“



Beratung erleichtert den Einstieg

Woran liegt es, dass sich weniger Frauen als Männer in die Selbstständigkeit wagen? Eine einfache Antwort darauf haben beide Handwerkerinnen nicht. Margarita Thomas sieht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als große Hürde – eine, die Frauen häufig stärker betrifft. Katrin Schubert glaubt, dass sich viele Frauen schlichtweg weniger zutrauen. „Gerade der Bürokratieaufwand hat mich anfangs echt gefordert“, sagt sie. Geholfen habe ihr damals die Betriebsberatung der Handwerkskammer. „Meine Beraterin hatte eine Checkliste, an der ich mich super orientieren konnte.“ Auch beim Businessplan hätte es Unterstützung gegeben, diesen hatte Schubert aber bereits vorbereitet. Zudem profitierte sie von ihrer Mitgliedschaft in einer Einkaufsgemeinschaft, einem Netzwerk von Hörakustikern, das nicht nur bessere Konditionen beim Materialkauf ermöglicht, sondern beim Aufbau einer eigenen Existenz unterstützt. Solche Netzwerke und Beratungsangebote können den Einstieg erheblich erleichtern – das betont auch Bernhard Lainer von der Handwerkskammer, der Margarita Thomas damals beriet. Sein Rat: „Gute Vorbereitung ist das A und O. Es lohnt sich, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen – von der Beratung über Fördermöglichkeiten bis hin zur Marktanalyse.“ Gründerinnen empfiehlt er außerdem, sich gezielt eine Nische zu suchen und zu überlegen, wie man sich von bestehenden Angeboten abheben kann. So wie Katrin Schubert, die neben klassischen Hausbesuchen auch Pflegeheime betreut – und dort sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch das Pflegepersonal im Umgang mit Hörgeräten schult. Bernhard Lainers wichtigster Rat an alle, die gründen wollen? „Einfach machen!“ Der Mut, ins Ungewisse zu springen, zahlt sich oft aus – und das sehen auch Margarita Thomas und Katrin Schubert so. Beide ermutigen Frauen, sich nicht von Hürden abschrecken zu lassen, sondern ihren Traum vom eigenen Betrieb in die Tat umzusetzen. Denn am Ende, da sind sich beide sicher, ist genau das der erste und wichtigste Schritt in die Selbstständigkeit.

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