
Dr. Rainhard Riepertinger (li.), der Projektleiter der Landesausstellung über Ludwig I. und stellvertretender Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, und Thomas Hierbeck, Inhaber der gleichnamigen Schreinerei in Schöllnach, sind von der diamantförmigen Installation samt 3-D-Animation im Eingangsbereich der Landesausstellung begeistert.
Im Gespräch mit Thomas HierbeckEin Diamant als Tür in eine andere Welt
Es gibt Aufträge, die bekommt man nur einmal im Leben. Die sind so ungewöhnlich und diffizil, dass man sie entweder sofort liebt, oder mit einem Kopfschütteln abtut. Der Bau eines überdimensionalen Diamanten – dem „Diamant Dome“, wie Thomas Hierbeck die räumliche Installation im Eingangsbereich im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg liebevoll nennt – war so eine Art von Auftrag. Die aufwändige Installation gehört sicher nicht zum Alltagsgeschäft einer Schreinerei. Dennoch war Hierbeck sofort Feuer und Flamme für das Projekt: „Gefordert war ein selbsttragendes Konstrukt in Diamantenform, das aus ganz vielen Einzelteilen besteht. Eine Herausforderung. Technisch und gestalterisch. Und gerade deshalb hat mich diese Aufgabe so fasziniert“, sagt der Vollbluthandwerker. Warum der Diamant phasenweise fast sein gesamtes Team in Atem hielt, das hat uns Thomas Hierbeck vor Ort im Haus der Bayerischen Geschichte verraten.
Raum im Raum
Das Foyer im Haus der Bayerischen Geschichte ist lichtdurchflutet und hell. Thomas Hierbeck, Diplom-Ingenieur (FH) in der Fachrichtung Holzbau und Chef der gleichnamigen Schreinerei, und Dr. Rainhard Riepertinger, der Projektleiter der Landesausstellung über Ludwig I. und stellvertretender Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, begrüßen sich herzlich. Der Aufbau einer Landesausstellung, die Hektik an den Tagen vor der Eröffnung, die kurzfristigen Änderungswünsche am Diamanten noch direkt vor Ort, die gemeinsame Anspannung – das alles schweißt ganz offensichtlich zusammen. Beide Männer schätzen sich, das merkt man sofort. Und beide schwärmen in höchsten Tönen vom Entrée der Ausstellung.
Beim Betreten der Landesausstellung „Ludwig I. - Bayerns größter König?“ müssen sich die Augen erst langsam an das gedimmte Licht gewöhnen. Der weiße „Diamant Dome“ empfängt den Besucher als eigener Raum im Ausstellungsraum. Darin eingebettet verschiedenste Exponate. Zuerst fällt der Blick auf eine große Projektionsfläche, auf der sich - 3D-animiert - der Kopf Ludwigs I. langsam dreht. Bei jeder Drehung wird der Regent älter: erst ist er Kronprinz, dann König und schließlich der Ex-König, der abdanken musste.
Handarbeit, die Emotionen weckt
Der Besucher ist sofort mittendrin in einer anderen Welt. Wie in einen Kokon umfängt der Diamant seine Gäste. Nichts kommt mehr hinein, nichts dringt nach draußen. „Eine ganz große und beeindruckende Medieninstallation“ nennt Riepertinger diese Eingangssituation. „Beim ersten Eindruck funktioniert hier viel über den Bauch und das ist wirklich ganz spannend“, so der Projektleiter. Thomas Hierbeck ist stolz darauf, als regionaler Handwerker die Visitenkarte der Landesausstellung mit Bravour umgesetzt zu haben. „Mit relativ freier Hand bei der Konstruktion war ich erst einmal tagelang damit beschäftigt, am PC die CAD-Daten für die rund 70 Einzelflächen zu erstellen. Um Gewicht zu sparen wurde alles überschüssige Holz ausgefräst und jede Kante im individuellen Winkel geschnitten“, erzählt der Handwerksunternehmer. Insgesamt seien für den Diamanten 307 Quadratmeder Fichte-Dreischichtplatten verarbeitet worden. Wochenlang habe er alles durchdacht und geplant. Allerdings: „Ein Probeaufbau der Konstruktion, sie ist rund zwölf Meter breit und sieben Meter hoch, war unmöglich, weil meine Werkstatt dafür einfach zu klein ist. So wie die Teile von der CNC-Fräse kamen, mussten sie einfach passen.“
Präzisionsarbeit und Termindruck
Der Aufbau in Regensburg gestaltete sich dementsprechend spannend. Hierbeck war ständig vor Ort, mit ihm einige seiner Mitarbeiter und auch seine zwei Töchter. Teamarbeit und Präzision waren gefragt. Die Ausstellung eröffnete am 10. Mai. Etwa fünf Wochen vorher begannen die Arbeiten im Haus der Bayerischen Geschichte direkt am Donauufer in der Regensburger Altstadt. Drinnen arbeiteten die Schreiner aus Schöllnach mit Hochdruck. Hierbeck erinnert sich an die Erleichterung, als der Diamant endlich stand: „Während der Montage noch sehr labil und über Stahlseile an Traversen abgehängt und gesichert, trug sich die finale Konstruktion dann wie geplant von selbst.“
Doch damit nicht genug. Als die wertvollen Exponate angeliefert wurden, waren kurzfristig diverse Änderungen nötig. Für ein Bild, das keinesfalls gekippt werden durfte, musste das Hierbeck-Team kurzerhand eine eigene Türe in eine der Diamanten-Facetten bauen, an anderer Stelle waren Änderungen an den Aussparungen für eine Vitrine nötig. Für Hierbeck als passionierter Tüftler eine Herausforderung, der er sich gerne stellte. Trotzdem lagen die Nerven manchmal blank, wie er zugibt: „In der Schlussphase, als Zug um Zug die Exponate, mit Spezialtransporten von Kuratoren begleitet, angeliefert wurden, war die Anspannung beim Projektteam immer sehr hoch.“
Der König und das Handwerk
Dr. Rainhard Riepertinger kennt als Routinier die Aufregung beim Aufbau einer neuen Ausstellung gut. Die reibungslose Zusammenarbeit mit allen Handwerkern, deren Herzblut und Bereitschaft, immer individuelle Lösungen zu finden, schätzt der Historiker sehr hoch ein. Auch König Ludwig I. sei ein Freund des Handwerks gewesen. „Unter ihm wurden allerdings auch die Zünfte aufgelöst und es entstanden Gewerbsvereine, die staatlich kontrolliert wurden“, erklärt er. „Aber insgesamt hat ihm das Handwerk mehr getaugt als die Industrie mit ihren Arbeiterinnen und Arbeitern, die alle immer die gleichen Tätigkeiten verrichten mussten.“
Dank Ludwig I. gibt es in der Region heute sowohl die Walhalla als auch die Befreiungshalle. In der Ausstellung werden dem Handwerk und der frühen Industrialisierung großer Raum eingeräumt. Der Besucher erfährt, dass trotz Abschaffung der Zünfte im Jahr 1825 immer noch viele Gesellen auf Wanderschaft gingen und die Zunfttradition unter Ludwig I. weiterhin lebendig blieb. Unzerstörbarer Handwerkerstolz eben. Früher wie heute. Der Stolz auf seine Hand- und Kopfarbeit ist auch Thomas Hierbeck anzumerken, als er zum Schluss der Führung sagt: „Für mich war es faszinierend, diese Ausstellung mitgestalten zu dürfen. Der Diamant soll die Vielschichtigkeit Ludwig I. darstellen und ich glaube, das ist uns allen sehr gut gelungen.“
DHZ-Artikel
Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 26. September 2025.
Zum Thema
Die Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König“ läuft noch bis zum 9. November2025.
Haus der Bayerischen Geschichte
Donaumarkt 1
93047 Regensburg
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr
Beim Aufbau des Diamanten waren beim Hierbeck-Team Präzisionsarbeit und Flexibilität gefragt.