Seit 23 Jahren bildet Thomas Amode Jugendliche mit Benachteiligung in der Jugendwerkstatt aus.
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Seit 23 Jahren bildet Thomas Amode Jugendliche mit Benachteiligung in der Jugendwerkstatt aus.

Interview Zwischen Holz und Kunstgeschichte

Der berufliche Morgen beginnt bei Thomas Amode mit Fachtheorie. Bevor der Schreinermeister verschiedene Kundenaufträge mit seinen Azubis bearbeitet, ruft er bei ihnen erst die theoretischen Grundlagen ab. "Ich habe gemerkt, dass es hilfreich ist, wenn man es öfters wiederholt", sagt Amode. Seine Schützlinge sind sieben Jugendliche mit Benachteiligung: Sie haben schulische, familiäre oder psychosoziale Schwierigkeiten und wurden vom Jobcenter oder von diversen Kooperationspartnern an die Jugendwerkstatt Regensburg vermittelt. Bei Thomas Amode absolvieren sie eine dreijährige Ausbildung zum Fachpraktiker für Holzverarbeitung. Bei Eignung bildet er auch Tischler aus. "Erst seit Mai 2022 sind wir in diesem Schmuckstück", so bezeichnet Thomas Amode die Schreinerei mit 250 Quadratmetern.  



Weniger Leistungsdruck und Stützunterricht

Die große Fläche bietet mehr als nur Wissen rund ums Holz. "Wir sind hier ein geschützter Raum", sagt Amode, "es gibt zum Beispiel keinen Leistungsdruck, wie in einer regulären Werkstatt." Die Aufträge der Kunden werden ohne exaktes Lieferdatum bearbeitet, es gibt nur eine grobe Zeitplanung. Die Kunden bestellen in der Jugendwerkstatt Weinkisten, Tische, Betten oder auch Schränke zum Restaurieren.

Um die Ausbildung abwechslungsreich zu gestalten, schaut sich Amode etwa Videos zur japanischen Holztechnik Kumiko auf Youtube an. "Da ist der Einstieg leicht – und am Ende gibt es doch eine Herausforderung", sagt er. Zusätzlich gibt es Stützunterricht für leistungsschwache Teilnehmer, um einmal pro Woche Mathematik oder Stoff aus der Berufsschule zu lernen. Er bietet auch die Qualifizierungsmaßnahme "Arbeiten und Lernen" an.

Seit 23 Jahren arbeitet Thomas Amode in der Jugendwerkstatt. "Damals gab es eine hohe Jugendarbeitslosigkeit – das kann man heute gar nicht mehr vorstellen – und ein Förderprogramm der Bundesregierung. Das hat mich interessiert", sagt der 56-Jährige. So kam er zur Jugendwerkstatt. Die Ausbildung in der Schreinerei gibt es aber erst seit 2012. Außerdem bildet die Jugendwerkstatt im Bereich Schneiderei, Hauswirtschaft und Büro aus. Nach dem Abitur und dem Zivildienst hat Amode Schreiner in Schwarzenfeld gelernt. Sein Onkel fand bei der Ahnenforschung heraus, dass mit dem Nachnamen Amode bereits im 17. Jahrhundert italienische Zimmerer in die nördliche Oberpfalz ausgewandert sind. Der Name ist also seit langer Zeit mit dem Werkstoff Holz verbunden. Amodes Vater war lange Zeit als Schreiner tätig, bevor er zum Gesundheits- und Krankenpfleger umsattelte. Mit dem Gesellenbrief in der Tasche wollte Thomas Amode ebenfalls einen anderen Weg gehen: Er studierte Kunstgeschichte. "Mein Bekanntenkreis hat sich sehr gewundert, aber es hat mich einfach interessiert", sagt er. Doch im Studium merkte er, dass er lieber mit den Händen arbeiten möchte. Deshalb machte er einen Meisterkurs.Inzwischen betreut er seit 23 Jahren Jugendliche. "In den 90er Jahren kamen die Russlanddeutschen, die eigene Probleme mitbrachten. Dazu kam die hohe Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen", erinnert er sich. Bis heute teilen die Azubis ihre Probleme mit Thomas Amode. "Wir besprechen auch andere Themen als nur Schreinern – private Schwierigkeiten wie Schulden oder Wohnungssuche. Dieser schwere Rucksack an Problemen, die sie mitbringen, soll hier in der Jugendwerkstatt etwas leichter werden", sagt er.



Praktikumsplätze sind immer willkommen

Gerne würde er auch Mädchen ausbilden. Doch in 22 Jahren gab es nur eine weibliche Auszubildende in der Schreinerwerkstatt. "Es gibt nicht mal Bewerbungen von jungen Frauen", sagt er. Woran es liegt, weiß er nicht. Thomas Amode wünscht sich auch mehr Vernetzung mit anderen Schreinereien in der Region. Denn Praktika als betriebliche Ausbildungsphase sind ihm sehr wichtig, damit die Jugendlichen nicht nur im geschützten Raum arbeiten, sondern auch die Realität erfahren. "Ich würde mich sehr freuen, wenn Schreiner uns Praktikumsplätze anbieten würden, vor allem im Baubereich. Meine Jugendliche bringen ja bereits Erfahrung mit", sagt er. Eine spätere Übernahme sei denkbar.

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 3. Februar 2023