Dreamteam: Tobias (li.) und Willi Nießlbeck vor ihrem hochmodernen Vakuum-Kochkutter. Rund 70 Tonnen Fleisch-und Wurstwaren werden in ihrer Metzgerei pro Woche produziert.
HWK
Dreamteam: Tobias (li.) und Willi Nießlbeck vor ihrem hochmodernen Vakuum-Kochkutter. Rund 70 Tonnen Fleisch-und Wurstwaren werden in ihrer Metzgerei pro Woche produziert.

Interview zur Betriebsnachfolge Wenn Vater und Sohn das Unternehmen rocken

Wenn du liebst, was du tust wirst du nie wieder in deinem Leben arbeiten müssen. Dieser Spruch von Konfuzius scheint Willi Nießlbecks Lebensmotto zu sein. Denn seinen Beruf bezeichnet er als "sein liebstes Hobby". Dabei hat der 62-jährige Metzgermeister aus Berg bei Neumarkt viel gearbeitet in seinem Leben. "Es gab Jahre, in denen ich meine beiden Söhne kaum gesehen habe", sagt er. "Da bin ich um drei Uhr morgens aufgestanden und erst von der Arbeit nachhause gekommen, als die Kinder längst im Bett waren."

Trotzdem macht Nießlbeck nicht den Eindruck, als ob er in der Rückschau viel anders machen würde. Das Verhältnis zu seinen Kindern ist bestens, sein Handwerksunternehmen floriert und für Spritztouren mit seinen Sportwagen – eine große Leidenschaft Nießlbecks – bleibt auch noch Zeit.

Eigentlich wollte der Handwerksunternehmer Kfz-Mechatroniker werden. "Aber meine Mutter bestand darauf, dass ich die Metzgerei meines Vaters übernehme." Willi Nießlbeck, Jahrgang 1960, war neun Jahre alt, als sein Vater Leonhard Nießlbeck völlig überraschend starb. Die Mutter stand mit sechs Kindern plötzlich alleine da. Seine fünf älteren Schwestern und sein Cousin Hans Nießlbeck halfen ihr dabei, die 1948 gegründete Metzgerei in Berg trotz des Schicksalsschlags über Wasser zu halten. Und auch Willi Nießlbeck packte schon als Bub nach der Schule mit an. 1976 begann er seine Metzgerlehre. "Ich habe meinen Beruf lieben gelernt und ihn zu meinem Hobby gemacht", sagt er heute.

Investitionen zahlen sich aus

1983 bestand Willi Nießlbeck seine Meisterprüfung. 1984 übernahm er die elterliche Metzgerei in der Schlossstraße mit lediglich einem Mitarbeiter. Heute umfasst sein Handwerksunternehmen 18 Filialen, rund 220 Mitarbeiter sind im Betrieb beschäftigt. Der Nettoumsatz stiegt von rund 800.000 D-Mark im Jahr 1984 auf heute über 20 Millionen Euro. Das 1996 im Industriegebiet errichtete und ursprünglich 2.500 Quadratmeter große Büro- und Produktionsgebäude wurde bereits zweimal erweitert. 2014 um etwa 1.000 Quadratmeter. Letztes Jahr erfolgte der Spatenstich für den neuen Anbau, der nochmals rund 2.500 Quadratmeter Zusatzfläche bringen wird. Einweihung soll heuer im Herbst sein. "Pünktlich zum 75. Firmenjubiläum", freut sich Willi Nießlbeck.

Tobias Nießlbeck bewundert den Unternehmergeist seines Vaters: "Eigentlich war das Produktionsgebäude damals überdimensioniert, so dass mein Vater allein wegen der Schuldentilgung schon gezwungen war, zu expandieren. Aber sein Mut wurde letztendlich belohnt." Tobias Nießlbeck gehört das Unternehmen seit 2021 zu 50 Prozent. Sein Bruder Michael arbeitet im kaufmännischen Bereich mit. Tobias wird das Unternehmen nach dem kompletten Rückzug des Vaters in einigen Jahren alleine führen. Die Modalitäten sind in der Familie längst einvernehmlich geklärt und geregelt.  Das war Willi Nießlbeck wichtig. "Tobias macht das jetzt schon alles viel besser als ich", sagt der Senior-Chef. Er ist stolz auf seinen Sohn. Und das kann er auch.

Tobias Nießlbeck ist Meister und Master. Anfang 2017 schloss er sein Betriebswirtschaftsstudium mit dem Schwerpunkt Marketing und Unternehmensführung an der OTH Regensburg mit dem Master ab. Gleich danach fing der heute 29-Jährige im väterlichen Betrieb seine auf eineinhalb Jahre verkürzte Lehre zum Metzger an. Die anschließende Meisterprüfung bestand er mit einer glatten 1,0. Tobias Nießlbeck brennt für das Metzgerhandwerk und für sein Unternehmen. "Ich kann neue Produkte entwickeln und sofort probieren, ich arbeite für mich und sehe am Abend, was ich geschafft habe", schwärmt er.

Betriebsberater gaben Tipps

Sein Vater vertraut ihm voll und ganz und lässt den Junior machen. Die Handwerkskammer hat die beiden beim teilweisen Betriebsübergang unterstützt. Tobias und Willi Nießlbeck profitierten nach eigenen Worten "sehr von der Beratung der Kammer": "Bereichsleiter Andreas Keller und der HWK-Betriebsberater Mario Göhring, haben uns viele wertvolle Tipps gegeben."

Vater und Sohn investieren weiter in ihre Großmetzgerei. Die neueste Anschaffung ist ein sogenannter Vakuum-Kochkutter, der Wurstbrät produziert und rund 300.000 Euro gekostet hat. Trotz dieser Größenordnungen bezeichnen sich die Nießlbecks noch als Familienunternehmen. "Wir kennen und schätzen jeden Mitarbeiter. Die meisten bleiben viele Jahre, wenn nicht sogar ihr ganzes Berufsleben bei uns", sagt Willi Nießlbeck. Auch seine Frau Burgi Nießlbeck hat einen großen Anteil am Erfolg des Unternehmens. Sie managt die Filialen, sieht überall regelmäßig nach dem Rechten und hat für alle Mitarbeiter ein offenes Ohr.

Also alles eitel Sonnenschein bei der Metzgerei Nießlbeck? Nicht ganz, wie Tobias Nießlbeck einräumt: "Auch wir mussten wegen des Fachkräftemangels kürzlich zwei Filialen schließen." Das Metzgerhandwerk, sagt er, werde in der Öffentlichkeit "völlig falsch" eingeschätzt: "Natürlich muss man früh aufstehen, dafür kann man gegen 12 Uhr aber auch heimgehen. Außerdem ist Metzger ein kreativer und abwechslungsreicher Beruf, in dem man auch gutes Geld verdienen kann."

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 3. März 2023