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Aus der Deutschen Handwerks Zeitung Nachhaltigkeitsserie: Betriebe im Porträt



"Der Rollladen ist ein Alleskönner"

Die Firma Rollladen Braun GmbH und Co. KG aus Weiding hat sich voll und ganz der Energieeffizienz verschrieben – nicht nur bei den eigenen Produkten

Zu Besuch bei der Rollladen Braun GmbH und Co. KG in Weiding: In der weiträumigen Verkaufs- und Ausstellungsfläche zeigt sich die gesamte Produktpalette des Oberpfälzer Familienunternehmens. Neben Energiesparfenstern, Markisen und Raffstore steht dabei ein Produkt klar im Vordergrund. Nur drei Jahre nach Eröffnung hat sich der Betrieb, als Bauschreinerei 1962 gegründet, auf Rollladen spezialisiert – und das aus Überzeugung. "Der Rollladen ist ein Alleskönner", so Georg Braun, kaufmännischer Leiter des Unternehmens. Diese Überzeugung fürs Kerngeschäft trägt den Betrieb bis heute und der Erfolg gibt den Inhabern Recht. Seit der Spezialisierung sei es "steil bergauf" gegangen. Den Aufschwung habe man dabei insbesondere der Innovationskraft des Firmengründers Georg Braun sen. zu verdanken. "Früher wurden Rollladenkästen mit einem Deckel von innen montiert. Das hat den Vater immer gestört, weil man über den Kasten so viel Energie verloren hat", erzählt Georg Braun. "Er hat sich dann überlegt wie er das anders lösen könnte und dann einen geschlossenen Kasten entwickelt." Das war 1982, 2012 sei der geschlossene Rollladenkasten mit verbesserter Wärmedämmung Stand der Technik geworden. "Wir waren dem Markt 30 Jahre voraus", sagt Braun stolz.

Nachhaltigkeit im Fokus

Heute wird das Weidinger Familienunternehmen mit etwa 70 Mitarbeitern in zweiter Generation von Georg Braun und seinen drei Brüdern Christian, Thomas und Wolfgang geführt. Vier Brüder gemeinsam am Regler, das sei eher ungewöhnlich, so der 57-jährige, funktioniere aber sehr gut. Auch deswegen, weil man sich die Geschäftsbereiche aufgeteilt habe und dennoch ständig im Gespräch bleibe, um große Entscheidungen gemeinsam treffen zu können. Im Fokus stehen dabei auch die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Die Auseinandersetzung damit liegt in der Natur der Sache selbst, so Braun. Der Rollladen sei nicht nur Sonnenschutz, Schallschutz, sondern spart auch Energie ein. "Wenn der Rollladen abends geschlossen wird, entsteht zwischen Rollladen und Fenster ein zusätzliches Luftpolster. Dadurch geht weniger Energie von innen nach außen", erklärt er. Auch alle anderen Produkte die im Hause Braun verkauft werden, seien heimliche Energiesparer und nach Abbau vollständig recycelbar. Es sei wichtig hier mitzudenken, das hat der Vater den vier Söhnen vorgelebt. "Die Langlebigkeit und die Qualität der Produkte – eine nachhaltige Denkweise – das war für ihn immer an vorderster Stelle und das haben wir fortgeführt."

Energiesparen mit 10-Punkte Plan

Dass man sich dem Thema Nachhaltigkeit auch in der Betriebsführung voll und ganz verschrieben hat, führt Georg Braun auf ein Schlüsselerlebnis im Jahr 2007 zurück.  Er hat damals Heizöl kaufen müssen, der Preis für den Liter lag bei einem Euro, die Rechnung im hohen fünfstelligen Bereich. Für Georg Braun und seine Brüder war schnell klar, dass sie umdenken müssen. Gemeinsam tüfteln sie einen 10-Punkte-Plan aus und beginnen nach und nach alle Punkte umzusetzen. Dazu zählten unter anderem ein neues Raumkonzept mit Kalt- und Warmbereichen, die Umstellung von Heizöl auf Hackschnitzel, die Installierung von LED-Lampen im gesamten Firmenareal, die eigene Stromerzeugung durch Photovoltaik und die Digitalisierung des kompletten Betriebsablaufs. "Ohne Investition geht es nicht, das ist klar", sagt Braun. Doch das Investment in die Betriebsumstellung habe sich ausgezahlt – auch wirtschaftlich. "Früher habe ich gedacht, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ein Widerspruch sein muss", gibt Braun zu. "Aber, wenn man sich wirklich mit dem Thema beschäftigt, erkennt man auch den langfristigen Nutzen dahinter." Doch nicht nur wirtschaftliche Vorteile seien der Grund für die Umstellung gewesen. "Es ist mir einfach persönlich wichtig, dass wir nicht unnötig Ressourcen verschwenden. Wir müssen sorgsam umgehen mit dem was wir haben, damit die nächste Generation auch noch was davon hat." Diese steht auch bei Rollladen Braun schon in den Startlöchern – eine Nichte und ein Neffe Georg Brauns sind ebenfalls in der Geschäftsführung vertreten und gestalten gemeinsam mit den vier Brüdern heute schon das Familienunternehmen von morgen.

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 20. Oktober 2023.



Georg Braun, kaufmännischer Leiter der Rollladen Braun GmbH und Co. KG. Im Jahr 2013 erhielt das Unternehmen den Großen Preis des Mittelstandes.
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Georg Braun, kaufmännischer Leiter der Rollladen Braun GmbH und Co. KG. Im Jahr 2013 erhielt das Unternehmen den Großen Preis des Mittelstandes.







Eine Biobäckerei im Höhenflug

Bernhard und Sebastian Neuhoff setzen in ihrem Betrieb konsequent auf Nachhaltigkeit – Bürokratie bremst den Unternehmenserfolg

Bäckermeister Sebastian Neuhoff liebt seinen Beruf. Er will Lebensmittel herstellen, die für Mensch und Natur gleichermaßen zuträglich sind. "Mein Sohn ist ein erstklassiger Bäcker, der die Rezepturen und die Qualität unserer Produkte ständig weiter verbessert", lobt sein Vater Bernhard. Trotzdem schiebt der 37-jährige Handwerksmeister und Betriebswirt ordentlich Frust: "Wenn man heute als junger Handwerksmeister im Lebensmittelgewerbe einen Betrieb gründen will, ist der Burnout eigentlich schon vorprogrammiert", sagt er. Schuld sei die überbordende Bürokratie im Land: Aufbewahrungsfristen, Dokumentationspflichten, Steuergesetze. Das alles in Summe hätte den Bäckermeister neben der vielen Arbeit im Jahr 2018 beinahe dazu gebracht, seinen 2011 in Regensburg gegründeten Betrieb sang- und klanglos zuzusperren.

Eigene Filialen gegründet

Sein Vater Bernhard, der im Donau-Einkaufszentrum in Regensburg einen großen Bioladen betreibt und eigentlich gelernter Elektrotechniker und Kaufmann ist, wollte das nicht zulassen. "Bei uns hat der Generationenwechsel dann sozusagen in die andere Richtung stattgefunden, als ich den Betrieb 2018 übernommen habe und in die Geschäftsführung eingestiegen bin", sagt der 63-Jährige. Kleine Brötchen bäckt der Seniorchef seitdem nicht: Er baute die Bäckerei, die bis dato vor allem Bio-Brote an den Großhandel lieferte, zu einem eigenständigen Betrieb um, der heute seinen Umsatz zu gut 80 Prozent in den eigenen Filialen macht. Sechs sind es inzwischen. Drei in Regensburg und weitere drei im Landkreis Regensburg. "Wenn wir genügend Leute finden würden, hätten wir längst schon viel mehr", sagt Bernhard Neuhoff. "Wir schaffen es im Moment gar nicht, die Mengen an Backwaren zu produzieren, die wir bräuchten." Seit 2018 ist die Zahl der Mitarbeiter von zehn auf heute 34 Leute angewachsen. Die Kunden schätzen die Qualität und die hohe Verträglichkeit der Produkte. Dennoch würde Bernhard Neuhoff seine Entscheidung von damals heute wohl nicht mehr so treffen: "Die Umstrukturierung war sehr zeit- und kostenintensiv. Der Erfolg hat sich zwar eingestellt, aber der Preis dafür war hoch." Sebastian Neuhoff hat sich 2018 erst einmal aus seiner Bäckerei zurückgezogen und sich zum Betriebswirt weitergebildet. Seit 2021 ist er als Projektmanager wieder mit an Bord. "Damals hatte ich eine Sieben-Tage- und 80-Stunden-Woche. Ich bin wegen unserer gigantischen Bürokratie ja fast gar nicht mehr zu meiner eigentlichen Arbeit gekommen", sagt er. Alleine könne und wolle er seinen Bäckereibetrieb nicht mehr führen. "Wenn das so weitergeht mit den Vorschriften für uns kleine Handwerksbetriebe, dann sind wir bald am Rande zur Handlungsunfähigkeit."

Bio aus Überzeugung

Bernhard Neuhoff versteht seinen Sohn heute, nach fast fünf Jahren im Betrieb, noch viel besser als damals. Auch er kann von teils widersinnigen bürokratischen Vorschriften ein Lied singen: "Ich habe mir extra einen Übersee-Container gekauft, um die vielen Unterlagen für das Finanzamt zehn Jahre lang in Papierform aufbewahren zu können, obwohl alles natürlich auch in digitaler Form vorliegen würde", erzählt er sichtlich frustriert. Dabei will Neuhoff seinen Betrieb so nachhaltig wie möglich führen. Nicht nur die Rohstoffe für die Backwaren sind zu einhundert Prozent bio und größtenteils aus der Region, sondern auch die in der Bäckerei und in den Filialen verwendeten Putzmittel, die Arbeitskleidung und der Strom. Im Betrieb gibt es eine Wärmerückgewinnungsanlage und eine eigene Mühle. Fertigprodukte oder Backmischungen kommen in der Biobäckerei nicht zum Einsatz. Auch in Bezug auf die Mitarbeiter wird auf Nachhaltigkeit Wert gelegt. Nachtarbeit ist längst gestrichen. Die Arbeitszeiten sind flexibel. Eine Konditorin mit zwei schulpflichtigen Kindern darf erst um 8.30 Uhr anfangen. Das Betriebsklima sei gut. Und "selbstverständlich", so Bernhard Neuhoff, wolle man aus Umweltschutzgründen auch Papier vermeiden, wo es nur geht. "Wir arbeiten papierlos, aber das Finanzamt braucht immer noch Papier", sagt Neuhoff lakonisch. Und weiter: "Der Staat ist schuld am Ster-ben kleiner Handwerksbetriebe im Lebensmittelbereich." Dennoch wollen Vater und Sohn weiterhin an ihren Idealen festhalten und keinerlei Abstriche bei handwerklicher Qualität und Nachhaltigkeit machen. Bernhard Neuhoff formuliert es so: "Wir machen Bio aus Überzeugung und nicht, weil wir um jeden Preis ein Geschäft machen wollen."



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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 6. Oktober 2023



Bernhard Neuhoff macht in puncto Nachhaltigkeit keine Kompromisse. Alle Rohstoffe für seine Backwaren haben Bioqualität
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Bernhard Neuhoff macht in puncto Nachhaltigkeit keine Kompromisse. Alle Rohstoffe für seine Backwaren haben Bioqualität

Hausbau im Einklang mit der Umwelt

Stefan Zisler sieht die Zukunft im nachhaltigen Bauen. Deshalb kommen seine Objekte zum Beispiel ohne Lüftungsanlagen aus



Laut dem "Gebäudereport 2022" der Deutschen Energie-Agentur gehen 40 Prozent der Treibhausgasemissionen auf Gebäude zurück. Sie werden unter anderem durch die Herstellung von Baustoffen wie Beton und Ziegel oder Dämmstoffen wie Mineralwolle oder Polystyrol verursacht. Stefan Zisler wollte einen anderen Weg gehen. Der Zimmerermeister gründete vor zehn Jahren sein Unternehmen "Zimmerei Holzbau Zisler GmbH" in Waldmünchen, um Objekte mit Holz zu bauen. "Ich sehe die Zukunft im nachhaltigen Bauen", sagt der 38-Jährige. In den vergangenen Jahren sei der Holzbau extrem gewachsen. "Der Ziegelbau hat sich dagegen nicht verändert", sagt Zisler. An den alten Häusern im Bayerischen Wald sehe man, dass die Menschen schon vor 300 Jahren wussten, wie ein richtiges Holzhaus gebaut wird, damit es Jahrhunderte hält. "Das Holz muss kalte Füße kriegen, also auf Stein stehen. Es zieht die Feuchtigkeit heraus. Gute Abdichtungen unter Fenstern und Türen gehören dazu. Im Sommer kann das Haus austrocknen", erklärt Zisler. Bei seinen Objekten setzt er auf Langlebigkeit. "Ich traue mich zu sagen, dass unsere Häuser mehr als 100 Jahre halten werden", sagt er.

Ökologische Bauweise

Das Unternehmen baut Wohn- und Gewerbeobjekte, übernimmt die Arbeiten im Bereich der Zimmerei, Spenglerei- und Dachdeckerei, kümmert sich um energetische Sanierung und plant Bauobjekte. Statt Styropor und Kunststoffe zu verarbeiten, setzt Zisler auf Holz. "Wir meiden auch Leimholz und Platten, die Formaldehyd enthalten", sagt er. Holzfaser sei ein natürlicher Baustoff, der die Wohngesundheit unterstütze. Bei der Materialbeschaffung setzt sein Unternehmen auf kurze Wege. Ein Beispielprojekt ist das Laborgebäude der Hochschule Landshut, das Zisler gerade baut: "Wir haben die Professoren überzeugt, weil wir das Holz für das Gebäude aus der Region holen", sagt er. Im Zuge der Nachhaltigkeit baut Zisler Häuser ohne Lüftung. "Sie sind von außen dicht, und von innen kann die Feuchtigkeit durch die Außenwände entweichen", sagt er. Die Lüftungsanlagen haben, so Zisler, einen Boom erfahren, als die KfW diese stark gefördert habe. "Ich bin aber der Meinung, dass ein solide gebautes Gebäude ohne Lüftung besser funktioniert", sagt er. Auch sein eigenes Haus komme ohne Lüftung aus. Die Objekte seien trotzdem immer trocken und ohne Schimmel.

Bis zu 200.000 Euro pro Jahr eingespart

Die Bauobjekte von Zisler werden mit einer Luft-Wärmepumpe betrieben, Photovoltaik versorgt sie mit Strom. Seitdem die Energiekosten stark gestiegen sind, bekomme er positive Rückmeldungen von den Bauherren. "Sie sind froh, dass ihr Haus gut gedämmt ist und die Kosten gering bleiben", sagt er. Auch beim Bau der Firmengebäude 2016 bis 2018 hat er daran gedacht, die Energiekosten möglichst niedrig zu halten. "Wir haben Türen und Fenster perfekt gedämmt", sagt er. Für die Dämmstoffe wird Restholz aus den Sägewerken oder aus dem Wald verwendet, dieses verarbeiten sie im eigenen Hacker. Eine Hackschnitzelheizung versorgt die Firmengebäude, ebenso wie die Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern. "Wir haben auch drei E-Autos im Fuhrpark", sagt Zisler. Nach seinen Berechnungen würden die Betriebskosten heute ohne diese vorausschauenden Maßnahmen bis zu 200.000 Euro mehr pro Jahr betragen. "Diese Höhe kann für manches Unternehmen schon das Aus bedeuten", sagt er. Stefan Zisler engagiert sich auch in Sachen soziale Nachhaltigkeit. Heute besteht das Team aus 50 Personen, darunter mehrere Azubis. Die umweltschonende Bauweise spricht junge Menschen und Fachkräfte immer mehr an. Eine große Rolle spielt dabei die Mundpropaganda sowie besondere Maßnahmen, wie die Vier-Tage-Woche, die Zisler vor drei Jahren einführte. "Da haben wir gemerkt, dass die Mitarbeiter deutlich effektiver arbeiten und zufriedener sind", sagt er. Weil in diesem Jahr jedoch so viele Aufträge ins Haus flatterten, musste das Unternehmen wieder auf fünf Tage umstellen. "Aber ich hoffe, dass wir bald wieder zu vier Tagen zurückkehren können", sagt er. Das Unternehmen hat Stefan Zisler 2013 mit Unterstützung seiner Frau Sylvia Zisler gegründet. "Dabei hatte ich nie Interesse an einer Selbstständigkeit", sagt er. Aber es sei über die Jahre doch gewachsen. "Vielleicht kann ich ja mal eine weitere Generation Zisler von der Selbstständigkeit überzeugen?", sagt der Vater von drei Kindern. Bis dahin kümmert er sich um sein neuestes Projekt: Bauen mit Recycle-Beton. "Es wird immer wichtiger, wie recyclingfähig ein Gebäude am Ende ist", sagt er. Dieser Entwicklung will er Rechnung tragen. Die ersten Erfahrungen seien sehr gut. Bereits jetzt denkt er daran, dieses Projekt auszubauen.



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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 22. September 2023



Sylvia und Stefan Zisler setzen in ihrer Zimmerei auf den nachhaltigen Bau von Gebäuden.
German Popp
Sylvia und Stefan Zisler setzen in ihrer Zimmerei auf den nachhaltigen Bau von Gebäuden.



Mit einer App gegen die Verschwendung

Die Bäckerei Scheitinger in Dieterskirchen nutzt die App "Too good to go": Brot und Semmeln landen in begehrten Überraschungstüten



Jede Sekunde landen in Deutschland 348 Kilogramm genießbarer Lebensmittel im Müll. So viel wiegt zum Beispiel ein großes Klavier. Pro Jahr meldet das Statistische Bundesamt insgesamt elf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr. Sie entstehen entlang der gesamten Versorgungskette – von der Produktion bis hin zu den privaten Haushalten. Letztere verursachen mit 59 Prozent den größten Teil. Im Handel entstehen dagegen sieben Prozent der Abfälle. Theresa Scheitinger will, dass es noch weniger wird. Die gelernte Bürokauffrau arbeitet seit 2020 in der Bäckerei ihres Vaters Sebastian Scheitinger in Dieterskirchen (Landkreis Schwandorf) und ist für den Verkauf zuständig. Vor zwei Jahren kam sie auf die Idee, Brotsorten, die nicht verkauft werden konnten, über die App "Too good to go" (TGTG) anzubieten. Die Bäckerei zahlt 30 Euro Jahresbeitrag und packt am Ende des Arbeitstages mehrere Überraschungstüten mit Semmeln, Brot und süßen Teilchen ein. Interessenten können die Tüten für 4,50 Euro kaufen, davon gehen 1,09 Euro an die App-Betreiber.



Testlauf war ein Erfolg

"Ich interessiere mich für Nachhaltigkeit und versuche, privat so nachhaltig wie möglich zu leben", sagt die 23-Jährige. Die App kannte sie bereits vorher. "Aber bei uns auf dem Land gab es darin kein wirkliches Angebot", sagt sie. In den Städten sei TGTG bekannter. Also beschloss sie, selbst voranzugehen und Bäckereiwaren in der App anzubieten. "Wir wussten nicht, wie es angenommen wird, also probierten wir es einfach aus", sagt Theresa Scheitinger. Zuerst wurde das Angebot über die sozialen Netzwerke der Bäckerei, wie Instagram und Facebook, angekündigt. "Und es wurde von Anfang an super angenommen", sagt Scheitinger. Jeden Tag stelle die Bäckerei zwei Tüten voller Überraschungsbrote zusammen, jede habe einen Warenwert von 13,50 Euro. Am Wochenende seien es vier Tüten. "Sie gehen immer weg", sagt sie. Auch ältere Kunden, die keine Apps oder Smartphone haben, können das Angebot nutzen: "Sie rufen einfach bei uns an", sagt Scheitinger. Ein weiterer Service ist es, die Tüten von der Produktionsstätte in Dieterskirchen auf Wunsch der Kunden auch in die Filialen nach Neunburg oder Oberviechtach zu bringen.



Gelebte Nachhaltigkeit

Wenn die Bäckerei morgens bereits um 4.30 Uhr öffnet, gibt es frische Ware. "Da stehen schon die ersten Arbeiter von der Nachtschicht vor der Tür", so Scheitinger. Abends werden die Tüten gefüllt. "Das Angebot läuft so nebenbei, kein großer Aufwand für uns", sagt sie. Und es sei besser, als Lebensmittel wegzuwerfen. Das Team der Bäckerei versucht seit langer Zeit, möglichst nachhaltig zu arbeiten. Es kauft Rohstoffe regional und spendet für soziale Projekte. "Wir verkaufen auch Ware vom Vortag zum halben Preis, verarbeiten Weißbrot zu Semmelbrösel und zu geschnittenen Semmeln", erklärt Theresa Scheitinger. Ein Teil des Mischbrots ohne Körner kann in einen neuen Teig gemischt werden. "Das macht das Brot sogar noch besser", sagt sie. Manche Kundinnen und Kunden fragen nach Brot für ihre Fische oder Hühner. Vor der Nutzung der App wurden nicht verkaufte Brote und Semmeln auch zu Tierfutter verarbeitet. Die Geschichte der Bäckerei Scheitinger lässt sich bis ins Jahr 1890 zurückverfolgen. Bis 1960 bewirtschaftete die Familie auch eigene Wiesen und Felder, betrieb eine Landwirtschaft und eine Gaststätte. Die Bäcker-Tradition der Familie tragen auch Theresa Scheitinger und ihr Vater weiter, zusammen mit insgesamt 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dafür wurde die Bäckerei mit der Urkunde des "Deutschen Brotinstituts" ausgezeichnet. Zugleich nutzt sie mit der App die Möglichkeiten der modernen Zeit: "Für uns passt das mit der Nutzung der TGTG-App gut", sagt Scheitinger. In der Region kenne sie allerdings keine anderen Unternehmen, die ihre nicht verkauften Waren in die TGTG-App einstellen.



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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 8. September 2023



Theresa Scheitinger setzt ihre Leidenschaft für Nachhaltigkeit auch im Beruf um. Sie überzeugte ihren Vater Sebastian Scheitinger, die App "Too good to do zu nutzen".
Theresa Scheitinger
Theresa Scheitinger setzt ihre Leidenschaft für Nachhaltigkeit auch im Beruf um. Sie überzeugte ihren Vater Sebastian Scheitinger, die App "Too good to do zu nutzen".











Ein Bierbrauer als Selbstversorger

Josef Goss aus Deuerling ist nicht nur Brauer, sondern auch Land-, Forst- und Gastwirt. In allen Bereichen seines Unternehmens setzt er auf Nachhaltigkeit

 

Wenn Josef Goss den Brauprozess detailliert erklärt, fallen Worte wie "intermolekular", "vermälzen" und "Keimung". Die Entstehung des Bieres ist eine Wissenschaft für sich. Doch das allein reicht Josef Goss nicht aus. Sein Unternehmen in Deuerling im Landkreis Regensburg hat neben der Brauerei noch drei weitere Standbeine – auch im Sinne der Nachhaltigkeit.

Zusammen mit seinem Sohn betreibt Josef Goss eine Landwirtschaft. Die Braugerste für das Bier bauen sie selbst an. "Wir haben da eine spezielle alte Sorte", sagt Goss. Auch Brauweizen und Sojabohnen, die später fürs Viehfutter verkauft werden, wachsen auf ihren Feldern im Umkreis von fünf Kilometern. Die Braugerste aus Deuerling wird in Riedenburg bearbeitet, um den richtigen Geschmack für das Bier zu liefern. Der Aromahopfen kommt aus der Hallertau.  

Energie für Schule und Kita

Das dritte Standbein des Unternehmens ist die Forstwirtschaft. Um das Holz aus dem eigenen Wald zu verwerten, ist im Betrieb eine große Hackschnitzelheizung integriert, die Wärme für die Betriebsgebäude und die Brauerei liefert. Eine Ölheizung brauchen sie nur für Brauvorgänge, die besonders hohe Temperaturen erfordern. Bei den Hackschnitzeln bleibt sogar noch Energie übrig: Über eine Wärmeleitung versorgt Josef Goss damit eine Grundschule, einen Kindergarten und einige Privathäuser in Deuerling. Auch das vierte Standbein bekommt Holz aus dem eigenen Wald. Zusammen mit seiner Frau Gabriele betreibt Josef Goss eine Gaststätte. Dort wird zu 75 Prozent mit dem Holzofen gekocht.
"Ich bin überzeugt, dass wir die Rohstoffe, die bei uns wachsen, auch verwenden sollten, statt sie aus dem Ausland zu importieren", erklärt Goss seine Motivation für nachhaltiges Wirtschaften. Menschen wie er, die auf dem Land aufgewachsen seien, zeichneten sich durch ihre Naturverbundenheit aus. "Wir wissen, dass wir auf uns selbst angewiesen sind, zum Beispiel darauf, selbst Energie zu erzeugen", sagt er. Früher sei es unter Brauern üblich gewesen, sich mit Land- und Forstwirtschaft selbst zu versorgen. "Heute gibt es das viel weniger", sagt Goss, "in der ganzen Oberpfalz gibt es sonst keine andere Brauerei, die das macht."

Seine Brauerei gibt es bereits seit 1877. Josef Goss ist seit 1996 Chef und bildet die fünfte Generation, sein Sohn Josef Goss Junior die sechste. In den Jahren 1912 bis 1935 stand mit Franziska Goss auch eine Frau in der Geschäftsführung. "Das war damals üblich, wenn zum Beispiel der Mann verstorben ist", sagt Goss.
Heute ist der Vater für den Vertrieb und die Verwaltung zuständig. In der Brauerei sorgen zwei Mitarbeiter für geordneten Ablauf. Der Strom für die Brauerei kommt zu 60 Prozent aus den eigenen Fotovoltaik-Anlagen. "Wir erzeugen so viel, wie wir dürfen, aber würden gern noch mehr Strom produzieren", sagt Goss. Allerdings fehlten für diese Mengen die Kapazitäten in den Leitungen. Das Wasser fürs Bier wird durch die eigene Anlage für die Umkehrosmose gedrückt, damit es entkalkt wird. "Bier mag weiches Wasser", erklärt Josef Goss.

Maschinen aus der Region

Die meisten Maschinen in der Brauerei kommen aus der Region. "Das hat den Vorteil, dass wir bei Bedarf schnell Ersatzteile bekommen können", erklärt er. Auch die Produkte für die Gastwirtschaft stammen aus der Region: Die Oberpfälzer Wirtshausküche mit vielen Braten und Pfannengerichten bietet etwa Fleisch vom Juradistl in Neumarkt, Obst und Gemüse aus Mariaort, Kartoffeln und Eier aus Viehhausen.

In der Brauerei entstehen vier untergärige Biere: Helles, Bock, Märzen und Pils. Josef Goss setzt, wie seine Vorfahren, auf ein kleines Sortiment. "Das liegt auch daran, dass wir ausgelastet sind", sagt Goss. Er will aber auch nicht mehr Biersorten brauen. Denn seine Arbeitstage dauern heute schon mehr als zwölf Stunden. "Am Sonntag ist es etwas weniger", sagt er schmunzelnd. Deshalb konzentriert er sich lieber aufs Kerngeschäft – und auf die größtmögliche Selbstversorgung.



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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 4. August 2023



Der Vater (li.) und der Sohn arbeiten zusammen: Josef Goss Senior kümmert sich mit seinem Sohn Josef unter anderem um die Land- und Forstwirtschaft.
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Der Vater (li.) und der Sohn arbeiten zusammen: Josef Goss Senior kümmert sich mit seinem Sohn Josef unter anderem um die Land- und Forstwirtschaft.







Frauenpower und natürliche Rohstoffe

Christina und Anna Hofstetter wollen das Material Pelz ins rechte Licht rücken und ihre Nachhaltigkeit betonen. Sie sehen darin einen Gegentrend zu Fast Fashion.



Der Großvater ist früher losgefahren, um die Jäger in der Region zu besuchen. Er kaufte ihnen die Felle der Tiere ab. Wenn Wildtiere schon für die Hege sterben müssen, sollten wenigstens die Felle nicht in der Mülltonne landen. In diese Tradition wurden Anna und Christina Hofstetter hineingeboren. Auch ihr Vater pflegt den engen Kontakt zu Jägern und hat selbst den Jagdschein. Der Betrieb Hofstetter Pelz & Design GmbH & Co. KG in Rötz startete als kleine Werkstatt für Kappen und Hüte – und ist heute ein internationales Unternehmen für Pelzverarbeitung und -handel.

Anna und Christina Hofstetter setzen als neue Generation eigene Zeichen im Betrieb. "Unsere Mission ist es, die Gesellschaft über die Pelzverarbeitung aufzuklären", sagt Anna Hofstetter. Wenn jemand warme Kleidung aus natürlichen Rohstoffen für den Winter haben möchte, gebe es Alternativen zum Nerzmantel. Umweltschädliche Stoffe wie Polyester und Kunstpelz bestehen aus Plastik und bleiben nach dem Tragen für Jahrhunderte in der Erde, ohne zu verrotten. Da seien Felle eine bessere Wahl. Sie vermittelten auch ein besseres Tragegefühl, weil sie die Temperatur ausgleichen. "Außerdem sind Felle schmutzabweisend und pflegeleicht", sagt sie.



Studium und Lehre als Grundlagen 

Anna Hofstetter hat erst Modemanagement studiert und sich damit eine wirtschaftliche Basis mit kreativem Ansatz geschaffen. Danach lernte sie das Kürschner-Handwerk. Seit 2009 ist die 27-Jährige im elterlichen Betrieb in der Produktion tätig. Sie berät auch Kunden, die ein neues Kleidungsstück aus einem alten Pelz haben möchten. Kreative Designs und Färbungen sind auch möglich. "Jedes Fell ist ein Unikat", sagt Anna Hofstetter.

Ihre Schwester Christina arbeitet seit 2009 im Betrieb mit. Ihre Basis sind BWL-Studium und die Kürschnerlehre. Die 39-Jährige ist für die Betriebsorganisation verantwortlich. 15 Mitarbeiter hat der Betrieb. Im Winter bekommen sie einheimische Rohware, die sie weiterverarbeiten: zu Kleidung, Decken, Kuscheltieren oder Accessoires. "Die Jägerbeute ist nachhaltig, es sind natürliche Ressourcen, die wir nutzen. Und die Jagd ist streng geregelt", erklärt Christina Hofstetter. Der Betrieb nutzt vor allem Felle von Mardern und Rotfüchsen. "Deren Population muss für die Balance in der Natur reguliert werden", sagt sie. Kaninchenfelle hingegen sind meist ein Nebenprodukt der Fleischerzeugung. Die Ware stammt zu 20 Prozent aus der Schädlingsbekämpfung, 17 Prozent von der sogenannten "Grünen Wiese", also von Nutzvieh wie Schafen, Ziegen und Kühen, und 30 Prozent aus Zuchthaltung.



97 Prozent der Felle landen im Müll  

Die Jagd liefert zudem die meiste Rohware. Pro Jahr werden in Deutschland 450.000 Füchse, 200.000 Waschbären und 50.000 Marder erlegt. Dennoch werden bisher lediglich drei Prozent der Tierfelle aus der Jagd weitergenutzt. Anna und Christina Hofstetter wollen diesen Anteil stark erhöhen. "Sonst passt es nicht zu unserem Lebenskonzept", sagt Christina. Schließlich haben sie das nachhaltige Leben bereits als Kinder mitbekommen: "Bei uns im Landkreis wird die Mülltrennung sehr akribisch betrieben. Die Menschen hier wollen den kleinstmöglichen Fußabdruck auf der Erde hinterlassen. Das ist eine Lebenseinstellung und so sind wir erzogen worden", sagt Christina Hofstetter.

Dasselbe gelte etwas bei der Wegwerfkleidung: "Fast Fashion ist das Schädlichste für die Umwelt, was es gibt. Nicht nur die Erde leide darunter, sondern auch die Menschen, die Billig-T-Shirts für fünf Euro produzieren müssen", sagt Christina Hofstetter. Stattdessen sollten Menschen viel mehr auf natürliche Rohstoffe setzen.



Nachhaltigkeit bei Maschinen und Energie

Kleidung aus Pelz werde vor allem in kälteren Ländern getragen: in Osteuropa, in den USA und Kanada. "Aber auch Menschen in Italien und Spanien tragen gern unsere Produkte", sagt Christina Hofstetter. Dort gehe es nicht um die Wärmeigenschaften, sondern mehr ums Image. "Ich denke, dass es vermehrt dazu kommen wird, dass die Menschen mehr Pelze nutzen und Kürschnereien besuchen. Sei es nur, um einen Fellstreifen auf der Kapuze einzusetzen, der schöner als Kunstpelz aussieht", sagt sie. Auch Jäger gehören zu ihren Kunden. "Sie wissen um die positiven Eigenschaften von Pelz, weil sie auch viel draußen unterwegs sind", sagt Anna Hofstetter.

Weil eben viel Handarbeit dazu gehört, sind die Produkte etwas teurer. "Dafür halten sie aber eine sehr lange Zeit, was kein anderes Kleidungsstück kann. Und sie sind gut zu reparieren", betont Anna Hofstetter. In ihren Händen waren schon viele Familienstücke. Oft werden geerbte Mäntel von Mutter oder Oma zum Beispiel zu kuscheligen Decken verarbeitet. Am Ende ihrer Lebenszeit verrotten die Pelzstücke und hinterlassen keine Spuren auf dem Planeten.

Seit mehr als 200 Jahren setzt der Familienbetrieb auf Handarbeit, teilweise mit älteren und robusten Maschinen. "Wir gehen sehr sorgsam damit um, pflegen und reparieren sie. Auch weil wir wissen, dass es keinen Ersatz für diese Art von Maschinen mehr gibt", sagt Anna Hofstetter. Das Firmengebäude wird komplett mit Geothermie und Holzhackschnitzeln geheizt. Strom erzeugen Fotovoltaik-Anlagen auf dem Dach. "Für uns war Nachhaltigkeit schon ein Thema, bevor es zum Modewort wurde", sagt Christina Hofstetter. Schon im Kindesalter haben die Schwestern mitbekommen, wie man verantwortungsvoll mit der Natur umgeht. Das setzen sie im Betrieb täglich um.



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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 21. Juli 2023



Für Anna (li.) und Christina Hofstetter war Nachhaltigkeit schon als Kind ein Thema.
Hofstetter
Für Anna (li.) und Christina Hofstetter war Nachhaltigkeit schon als Kind ein Thema.

Kleine Dinge machen den Anfang

Für Manuela und Gerhard Nemela ist Nachhaltigkeit ein Herzensthema



Als Gerhard Nemela vor 27 Jahren von seinem ehemaligen Arbeitgeber gefragt wurde, ob er seinen SHK-Betrieb übernehmen möchte, gab es bloß eine einzige Voraussetzung: Gerhard Nemelas Frau, Manuela Nemela, musste ihr Einverständnis geben. Der Übernahme hat die 53-Jährige damals zugestimmt und sich von Beginn an stark in den Betriebsablauf eingebracht, Optimierungsprozesse auf den Weg gebracht und sich als Unternehmerin in der Region positioniert und vernetzt. Als Betriebsinhaber haben Manuela und Gerhard Nemela sich dabei von Beginn an dem Nachhaltigkeitsgedanken verschrieben. 2003 absolvierte Gerhard Nemela seinen Energieberater bei der Handwerkskammer. Im selben Jahr wurde der Betrieb Teil des Umwelt- und Klimapakts Bayern, einer Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz. Das langjährige Engagement der Nemelas wurde im vergangenen Jahr mit einer Goldurkunde honoriert.

"Wir versuchen da Energie einzusparen und Müll zu vermeiden, wo es nur geht", so Manuela Nemela. Neben energieeffizienten und nachhaltigen Klima- und Wärmesystemen habe man kürzlich die gesamte Beleuchtung im Wohn- und Betriebsgebäude auf LED umgerüstet. Auch mit der Digitalisierung habe man schon sehr früh angefangen und damit den Papierverbrauch um die Hälfte senken können. Darüber hinaus achtet das Unternehmen darauf auf regionale Produkte und Dienstleister zurückzugreifen. "Das ist nicht immer möglich, aber wo es möglich ist, versuchen wir das," sagt die gebürtige Landshuterin.



Immer up to date

Manuela Nemela ist seit 14 Jahren Mitglied der Unternehmerfrauen in Landshut, seit 2014 deren erste Vorsitzende. In dieser Funktion ist die 53-Jährige in der Region und darüber hinaus bestens vernetzt. Sie informiert sich über Förderprogramme, besucht Messen, sie bleibt immer up to date. Auf der Handwerksmesse lernt sie so den Gründer des Startups materialrest24 kennen, auf dessen Internetplattform bundesweit gewerbliche Handwerker aller Gewerke überschüssige Bauartikel kaufen und verkaufen können und den sie zu einem Vortrag zu den Unternehmerfrauen einlädt. "Da waren wir von Anfang mit dabei," erzählt sie. Durch Zufall stößt sie außerdem auf das Kölner Startup Planted, die lokale und globale Wiederaufforstungsprojekte vorantreiben. Hier haben die Nemelas einen eigenen digitalen Firmenwald. Jeden Monat kaufen sie vier Setzlinge, die in unterschiedlichen Klimawäldern weltweit eingepflanzt werden. "Mittlerweile haben wir schon sechzig Bäume gepflanzt", berichtet Manuela Nemela, die auch darüber hinaus unterschiedliche Initiativen zur Wiederaufforstung unterstützt. Nachhaltigkeit: das ist für sie eine Herzensangelegenheit und eine Selbstverständlichkeit. "Vielleicht bin ich so aufgewachsen, so erzogen worden. Das liegt einfach in meinen Genen."

Derzeit nimmt der Betrieb der Nemelas am Stadtrand von Landshut in erster Linie Heizungsumbauten und Sanierungen vor. Der Nachhaltigkeitsgedanke spielt nicht bei allen Kunden eine zentrale Rolle. Für diese Haltung hat Manuela Nemela, trotz ihrer eigenen Überzeugung, Verständnis. "Wir können nicht jedem Kunden eine Wärmepumpe oder eine Pelletheizung einbauen", sagt sie. Als Betrieb müsse man die Menschen dahingehend beraten, was am besten passt, welche Lösung für den Individualfall am geeignetsten ist.



"Jeder soll tun, was er kann"

Privat haben sich Gerhard und Manuela Nemela für eine Hybridlösung entschieden. Ihre 23 Jahre alte Heizung haben sie gegen eine Wärmepumpe austauschen lassen, für Spitzenzeiten ist zusätzlich eine Gastherme installiert. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach ist vor drei Jahren ans Netz gegangen. Um die gewonnene Energie möglichst effizient nutzen zu können passt Manuela Nemela die Zeiten ab. "Wenn die Sonne scheint, dann lade ich mein E-Auto oder schalte die Waschmaschine ein. Da muss man sich schon ein bisschen umgewöhnen, aber das funktioniert ganz gut." Beim Thema Nachhaltigkeit sollte man niemanden zwingen, sondern mit guten Argumenten überzeugen und vor allem selbst ein Beispiel sein, meint die Unternehmerin. Schon mit kleinen Dingen könne man einen Anfang machen: "Jeder soll das tun, was er tun kann."





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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 7. Juli 2023



Für Manuela Nemela ist Nachhaltigkeit ein Herzensthema.
Andreas Hasak Photografie
Für Manuela Nemela ist Nachhaltigkeit ein Herzensthema.

Hocheffizient und umweltschonend

Seit 1994 baut die Gruber Unternehmensgruppe aus der Oberpfalz Naturholzhäuser -  Ein Markt der laut Vertriebsleiter Hans Lorenz eine starke Zukunft hat

Die "Wood Lounge" auf dem Betriebsgelände der Gruber Unternehmensgruppe in Roding ist in Holzbauweise gefertigt. Mit natürlichen Bau- und Dämmstoffen sowie dem Einsatz energieeffizienter Klimasysteme steht hier ein klassisches Gruber-Naturholzhaus, das Kunden und Geschäftspartnern im kleinen Stil vor Augen führt, was mit dem nachwachsenden Rohstoff alles möglich ist. Das Musterhaus in Stamsried zeigt dies in einem noch größeren Maßstab. Nur wenige Meter von der "Wood Lounge" entfernt entstehen jährlich etwa 50 Naturholzhäuser, bis zu drei können gleichzeitig in der Holzhausmanufaktur gebaut werden. Etwa 20 Schreiner und Zimmerer fertigen Dächer, dämmen Innen- und Außenwände – sogar die Fenster und Türen werden in der Fertigungshalle eingebaut. Für ein Einfamilienhaus brauchen die Handwerker etwa eine Woche in der Fertigung, die Montage dauert bloß zwei bis drei Tage. Das mache den Holzbau "extrem effizient, schnell und sauber", so Hans Lorenz Vertriebsleiter der Gruber Unternehmensgruppe und Bereichsleiter im Objektbau. Vor allem sei dadurch aber auch ein reibungsloser und ordnungsgemäßer Ablauf bei der Montage gesichert. Eine geschlossene Gebäudehülle könne sicher und zuverlässig bei jedem Wetter gestellt werden, so Lorenz. Seit drei Jahren ist der gelernte Betriebswirt, nach unterschiedlichen beruflichen Stationen, in der Gruber Unternehmensgruppe beschäftigt – aus persönlicher Überzeugung. "Ich wollte eine sinnvolle Arbeit machen, deswegen habe ich gewechselt", so Lorenz, der sich auch bei seinem Eigenheim für einen Holzbau entschieden hat.

 

Holzbauweise in allen Gebäudeklassen

Vor 60 Jahren als Zimmerei von Alois Gruber in Bernried gegründet, ist die Unternehmensgruppe mittlerweile vielseitig aufgestellt. Sohn Gerhard Gruber und dessen Frau Johanna Gruber erweiterten das Produktportfolio und gründeten zusätzliche Einzelfirmen, die den Hausbau aus einer Hand möglich machen. Mittlerweile beschäftigt die Unternehmensgruppe über 300 Mitarbeiter an vier Standorten in der östlichen Oberpfalz. Auch die Töchter Saskia und Lea Gruber arbeiten als Junior-Geschäftsleiterinnen im Unternehmen und werden es in der dritten Generation übernehmen. Jährlich bildet Gruber etwa 25 bis 30 Auszubildende in fünf unterschiedlichen Berufen aus und bietet außerdem duale Studienmöglichkeiten an. Nachhaltige, langlebige, ökologische und energieeffiziente Bauweise – dieses Prinzip steht klar im Zentrum. Seit 1994 stellt die Gruber Unternehmensgruppe Naturholzhäuser her, 1999 baute sie das erste zertifizierte Passivhaus in ganz Ostbayern. Doch nicht nur Einfamilienhäuser werden bei Gruber in Holzbauweise angefertigt. Schon vor Jahren habe sich das Unternehmen breiter aufgestellt und sei in der Lage auch komplexere Bauvorhaben, wie Mehrfamilienhäuser, Wohnanlagen oder gewerbliche Bauten in Holzbauweise zu realisieren. Alle Gebäudeklassen können gebaut werden, "das macht es sehr spannend", so Lorenz.

 

Keine wirtschaftlichen Nachteile

Die Nachfrage sei in den letzten Jahren stark angestiegen, denn auch wirtschaftlich gäbe es beim Bauen mit Holz im Gegensatz zum konventionellen Bau keine Nachteile mehr. Ganz im Gegenteil, meint Hans Lorenz. Neben der CO2-Speicherung und den positiven Eigenschaften von Holz in Hinblick auf die Wohngesundheit, spiele auch der geringe Primärenergiebedarf eine Rolle. "Weil die Häuser hocheffizient gedämmt sind, ist der Bedarf an Wärme grundsätzlich sehr niedrig." Auch hier setzt das Unternehmen auf natürliche Materialien, wie Zellulose, mineralischen Dämmstoff oder Holzfaser. Darüber hinaus versuche man Kunden die wirtschaftlich effizienteste Lösung beim Energiebedarf dauerhaft zur Verfügung zu stellen. "Wenn eine Wärmepumpe möglich ist, dann bringen wir das Thema ins Spiel." Genauso berate man beim Verbau von Photovoltaik-Anlagen oder der Installation von Smart-Home Systemen. Alleine eine Jalousie automatisch steuern zu können und damit auf Beschattung und Temperierung Einfluss zu nehmen, könne dazu beitragen ein Gebäude langfristig effizient, wirtschaftlich und nachhaltig zu betreiben.

 

Nachhaltig wirtschaften

"Für die Familie Gruber hat Nachhaltigkeit schon immer eine Rolle gespielt. Deswegen hat sich das Unternehmen in diese Richtung entwickelt und sich dem Holzbau in dieser Form verschrieben", so Hans Lorenz. Nachhaltigkeit, das sei ein Herzensthema, das auch darüber hinaus auf ganz unterschiedliche Weise im Unternehmen gelebt werde. Ressourcenschonend und so regional wie möglich zu produzieren, das sei selbstverständlich. Weiterhin unterstützt das Unternehmen Initiativen zur Wiederaufforstung heimischer und ausländischer Waldgebiete, bringt sich im Kleinen ein, beispielsweise durch die bürointerne Sammlung und Wiederverwendung von Kaffeesatz als Pflanzendünger oder durch das Aufstellen von Insektenhotels an allen Standorten. Doch Nachhaltigkeit, insbesondere nachhaltige Unternehmensführung, das ginge über den Umweltaspekt hinaus, meint Hans Lorenz. "Für mich ist Nachhaltigkeit, wenn man über den Tellerrand schaut. Wenn man weiterdenkt." Nachhaltig sei es auch, sich für den Kompetenzaufbau im Personal einzusetzen und auf zukunftssichere Produkte zu setzen. Dabei handeln aus seiner Sicht insbesondere kleine und mittelständische familiengeführte Unternehmen häufig nachhaltiger, weil sie langfristig denken und dabei ganz verschiedene strategische Ziele verfolgen. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, das darf trotz allem kein Widerspruch sein, so Hans Lorenz. "Wenn man nur nachhaltig baut, dann wird man nichts verkaufen können. Und wenn man nur wirtschaftlich baut, hat man langfristig keine Perspektive, weil die Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Wandel immer mehr an Bedeutung gewinnt." Der Holzbau vereint für ihn genau das: Ökologische und ökonomische Vorteile. "Dem Holzbau wird aus meiner Sicht die Zukunft gehören," davon ist Lorenz überzeugt.

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 23. Juni 2023.



Hans Lorenz, Vertriebsleiter der Gruber Unternehmensgruppe, ist von den vielen Vorteilen der Holzbauweise überzeugt.
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Hans Lorenz, Vertriebsleiter der Gruber Unternehmensgruppe, ist von den vielen Vorteilen der Holzbauweise überzeugt.