EU-Richtlinie zum "Whistleblowing" dienst als GrundlageHinweisgeberschutzgesetz

Auf der Grundlage der EU-Richtlinie zum „Whistleblowing“ wurde ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen. Eigentlich hätte die Richtlinie bis zum 21. Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden sollen.

Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung vom 10. Februar 2023 die Zustimmung zum Hinweisgeberschutzgesetz verweigert. Unter anderem die Verpflichtung zur Schaffung besonderer interner Meldekanäle durch Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten für anonyme Meldungen wurde wegen erheblicher Mehrkosten kritisiert.

Im angerufenen Vermittlungsausschuss konnte am 9. Mai 2023 eine Einigung erzielt werden. Für die Meldung anonymer Hinweise, die nach dem ursprünglichen Entwurf in gleicher Weise wie namentliche Hinweise von allen Meldestellen verpflichtend aufzunehmen und zu bearbeiten gewesen wären, entfällt nun diese Pflicht. Zwar sind auch weiterhin anonyme Hinweise zulässig, jedoch müssen Meldestellen diese Eingaben nicht zwingend aufgreifen und auch keine anonyme Meldemöglichkeit schaffen.

Der Deutsche Bundestag hatte am 11. Mai 2023 dem Kompromissvorschlag zugestimmt. Damit wurde das bereits am 16. Dezember 2022 beschlossene Gesetz nach Maßgabe der vom Vermittlungsausschuss vorgelegten Beschlüsse geändert. Auch der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Mai 2023 zugestimmt.

Das Gesetz wurde am 2. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt damit am 2. Juli 2023 in Kraft.

Untenstehend finden Sie weitere Informationen zu den aktuell vorgelegten Regelungen. Auch der ZDH hat einen Leitfaden entwickelt.

Personen, die mit einer Meldung illegale Missstände im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit in der Privatwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung aufdecken (sogenannte Hinweisgeber), sollen durch das Gesetz vor Repressalien geschützt werden.

Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, so wird der Zusammenhang mit der Meldung vermutet. In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, das Gegenteil zu beweisen.

Der Kreis der sogenannten Beschäftigungsgeber ist durch den Gesetzgeber weit gefasst. Dazu zählen:

  • natürliche Personen (Einzelunternehmen) sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts (beispielsweise GmbH),
  • rechtsfähige Personengesellschaften (beispielsweise OHG)
  • sonstige, nicht in den Nummern 1 und 2 genannte rechtsfähige Personenvereinigungen.Die Eigenschaft als Beschäftigungsgeber liegt vor, sofern mindestens eine Person beschäftigt ist.

Die Eigenschaft als Beschäftigungsgeber liegt vor, sofern mindestens eine Person beschäftigt ist.

Alle Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit einem Unternehmen in Kontakt stehen, können Meldungen vornehmen. Das sind beispielsweise eigene Mitarbeiter (bereits auch im Vorfeld des Arbeitsbeginns), externe Geschäftspartner und deren Mitarbeiter sowie auch eingesetzte Leiharbeitnehmer.

  • Verstöße gegen Strafvorschriften
  • Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Darunter fällt beispielsweise das Mindestlohngesetz oder der Arbeitsschutz.
  • Sonstige Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft. Hier sind im Gesetz einige Rechtsbereiche aufgezählt wie beispielsweise Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche, zur Produktsicherheit, zum Umweltschutz, zur Lebensmittelsicherheit sowie zum Datenschutz

    Die Verstöße müssen im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit, also in diesem Kontext erfolgen.

Um einen Verstoß zu melden, können Hinweisgeber frei wählen, ob sie sich an eine interne oder eine externe Meldestelle wenden.

Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten müssen eine interne Meldestelle vorhalten.

Der Bund hat beim Bundesamt für Justiz eine Stelle für externe Meldungen (externe Meldestelle des Bundes) errichtet. Die externe Meldestelle finden Sie hier. Die Seite hält entsprechende Informationen vor.
Unter anderem informiert es über weitere externe Meldestellen für spezielle Bereiche wie beispielsweise bei der BaFin (für Finanzdienstleistungen) sowie beim Bundeskartellamt (bei Verstößen gegen das Kartellrecht).

Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 bis 249 Beschäftigten müssen die Einrichtung bis zum 17. Dezember 2023 umgesetzt haben.

Für Unternehmen mit mehr Beschäftigten gilt die Pflicht bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens (= 2. Juli 2023). Allerdings wird das Fehlen des Vorhaltens erst ab dem 1. Dezember 2023 als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Da das Gesetz nichts regelt und die Begründung keine weiteren Angaben liefert, ist bei der Zählung von Personen auszugehen (unabhängig von der Stundenanzahl der Beschäftigten).

Bei der internen Meldestelle kann es sich um Ansprechpartner im Unternehmen handeln. Ebenso kann eine externe Person mit dieser Aufgabe betraut werden. Mehrere Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten können eine gemeinsame Stelle einrichten und betreiben. Die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um den Verstoß abzustellen, und die Pflicht zur Rückmeldung an die hinweisgebende Person verbleiben aber beim betroffenen Unternehmen.

Die mit der Meldestelle betraute Person muss in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sein. Außerdem ist das Unternehmen verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die beauftragte Person über die notwendige Fachkunde verfügt. Dies kann beispielsweise durch geeignete Schulungen sichergestellt werden.
Für die Beaufragung einer betriebsinternen Person mit der Funktion als interne Meldestelle finden Sie einen Formulierungsvorschlag im Leitfaden des ZDH auf der Seite 10. Der Leitfaden steht im Downloadbereich zur Verfügung.

Die Meldestelle muss mündlich (beispielsweise telefonisch oder auf Wunsch auch persönliche Vorsprache) und in Textform (beispielsweise E-Mail) erreichbar sein. Auch anonym eingehende Meldungen sollen bearbeitet werden, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet wird. Es besteht allerdings aufgrund des beschlossenen Vorschlagn des Vermittlungsausschusses keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.
Die ursprüngliche Verpflichtung im Gesetz, bis 01.01.2025 auch die Möglichkeit einer anonymen Meldung einzurichten, besteht nicht!

Ab der Seite 15 finden Sie im Leitfaden des ZDH eine Checkliste zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Den Leitfaden finden Sie im Downloadbereich.

  • Informationen zu den Meldemöglichkeiten und dem Verfahren müssen klar und leicht zugänglich sein, zum Beispiel über die Unternehmenswebseite.
  • Die internen Meldestellen müssen auch klare und leicht zugängliche Informationen über externe Meldeverfahren bereithalten.
  • Innerhalb von 7 Tagen muss der Eingang der Meldung bestätigt werden.
  • Es ist zu prüfen, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich fällt (Verstöße, die in diesem Gesetz aufgelistet sind) und stichhaltig ist.
  • Mit dem Hinweisgeber ist Kontakt zu halten und bei Bedarf weitere Informationen einzufordern.
    Innerhalb von drei Monaten (gerechnet ab Eingangsbestätigung) muss die Meldestelle dem Hinweisgeber mit Begründung rückmelden, welche Folgemaßnahmen geplant bzw. bereits ergriffen wurden.
  • Meldungen sind zu dokumentieren (dauerhaft abrufbar). Bei telefonischen Meldungen oder persönlichen Vorsprachen können mit Einwilligung des Hinweisgebers Tonaufzeichnung des Gesprächs gemacht werden. Ohne Einwilligung ist eine Niederschrift des Inhalts zu erstellen. Der Hinweisgeber muss die Möglichkeit zur Überprüfung, Korrektur und Bestätigung erhalten. Die Dokumentation ist zwei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen.
  • Die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers ist zu wahren. Ausnahmen bestehen beispielsweise bei bewusst (vorsätzlich oder grob fahrlässig) falschen Hinweisen.
    Weiterhin ist auch Vertraulichkeit bezüglich der Personen zu wahren, die durch eine Meldung belastet werden und somit Gegenstand einer Meldung sind und bezüglich sonstiger Personen, die in der Meldung benannt werden. Das kann beispielsweise ein Kollege sein, der den gemeldeten Verstoß beobachtet hat.
  • Die Identität darf nur zuständigen Personen oder Personen offengelegt werden, die man für Unterstützungstätigkeiten (beispielsweise IT-Kräfte) benötigt und die Bekanntgabe der Identität für die Unterstützung notwendig ist. Ebenso verhält es sich bei Personen, die für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind. Alle eingeschalteten Personen sind ebenfalls zur Vertraulichkeit zu verpflichten.
  • Alle rechtlichen Bedingungen des Datenschutzes beziehungsweise der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind unbedingt einzuhalten.
    Einen Formulierungsvorschlag für den datenschutzrechtlichen Hinweis finden Sie im Leitfaden des ZDH auf der Seite 13. Der Leitfaden steht im Downloadbereich zur Verfügung.
  • Interne Untersuchungen beim betroffenen Unternehmen
  • Verweis an andere zuständige Stellen
  • Abschluss des Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen
  • Abgabe des Verfahrens zwecks weiterer Untersuchungen an eine beim Unternehmen für interne Ermittlungen vorhandene Stelle oder eine zuständige Behörde

Der Schutz gilt, sofern  

  • eine interne oder externe Meldung im Sinne dieses Gesetzes erstattet wurde,
  • die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprechen, und
  • die Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei

Es sollen keine überhöhten Anforderungen an den Hinweisgeber in Bezug auf die Überprüfung der Richtigkeit der Informationen gestellt werden. Aus diesem Grund besteht der Schutz auch in solchen Fällen, in denen sich der Hinweis aus als unzutreffend herausstellt. Voraussetzung ist aber, dass der Hinweisgeber zum Zeitpunkt der Meldung davon ausgehen konnte, dass der Hinweis zutrifft.

Kein Schutz besteht, wenn es sich um eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Weitergabe unrichtiger Informationen handelt. Die Folge kann eine strafrechtliche Verfolgung sowie die Schadensersatzpflicht sein.

Die fehlende Einrichtung bzw. das Nichtbetreiben einer internen Meldestelle stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 20.000 Euro geahndet werden kann. Die Behinderung der Meldung und folgenden Kommunikation, das Ergreifen von Repressalien sowie die vorsätzlich oder leichtfertig fehlende Wahrung der Vertraulichkeit stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro (Herabsetzung von ursprünglich 100.000 Euro durch Vorschlag des Vermittlungsausschusses) geahndet werden kann. Im Falle einer Fahrlässigkeit kann die Geldbuße bis zu 10.000 Euro betragen.

Auch der Hinweisgeber, der wissentlich eine unrichtige Information offenlegt handelt ordnungswidrig (Geldbuße bis zu 20.000 Euro).

Durch Vereinbarungen mit Geschäftspartnern oder Arbeitnehmern können die bestehenden Rechte für Hinweisgeber oder sonst nach diesem Gesetz geschützte Personen nicht einschränkt werden. Entsprechende Vereinbarungen sind unwirksam.

 Ansprechpartner

Fragen beantworten Ihnen gerne Claudia Kreuzer-Marks (Oberpfalz) und Markus Scholler (Niederbayern).

Claudia Kreuzer-Marks

Abteilungsleiterin

Tel. 0941 7965-130

Fax 0941 7965 198

claudia.kreuzer-marks--at--hwkno.de

Markus Scholler

Rechtsassessor

Tel. 0851 5301-112

Fax 0851 5301-103

markus.scholler--at--hwkno.de



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Verkündung Hinweisgeberschutzgesetz



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