Markus Hofstetter ist stolz auf seine Malerinnen (v. li. n. re.) Johanna Lenz, Chiara Favilli, Daniela Zeug, Mandy Pfretzschner und Bianca Drechsel.
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Markus Hofstetter ist stolz auf seine Malerinnen (v. li. n. re.) Johanna Lenz, Chiara Favilli, Daniela Zeug, Mandy Pfretzschner und Bianca Drechsel.

Interview Azubi-Werbung als Herzensprojekt

Hinter der Eingangstür des Malerbetriebs Heinrich Schmid wartet Balu. Der kleine Hund der Assistentin Jamie Wilson begrüßt fröhlich die Besucher und weicht ihnen nicht von der Seite. Er war von Anfang an im Malerbetrieb willkommen - ein Zeichen für die Offenheit von Standortleiter Markus Hofstetter. Der 36-jährige Malermeister stellt sein Team auf eine besondere Weise zusammen, deshalb ist der Fachkräftemangel für ihn "ein Fremdwort".

Das Unternehmen Heinrich Schmid ist bundesweit vertreten und seit 2016 auch in Regensburg. 25 Mitarbeiter im Alter von 18 bis 36 Jahren gehören zum Team, darunter acht Azubis. Sie kümmern sich um die Malerarbeiten im Innenbereich, um Fassaden, Bodenbeschichtungen und Trockenbau. Fünf Malerinnen beschäftigt Hofstetter - ein hoher Anteil an weiblicher Kompetenz. Die jungen Frauen sind auch ehrgeizig: Chiara Favilli hat im Januar ihre Gesellenprüfung vorzeitig abgeschlossen, Daniela Zeug ist bereits Vorarbeiterin und Bianca Drechsel macht in diesem Jahr ihren Meister. Johanna Lenz wird ihre Ausbildung im Sommer beenden.



Teilzeit für Eltern ist immer möglich

Die fünfte im Team ist Mandy Pfretzschner, eine junge Mutter, die ihren Beruf liebt. Doch nach dem zweiten Kind konnte sie nicht mehr Vollzeit arbeiten. Sie ist auf die Kita-Öffnungszeiten angewiesen. "Es ist auch nicht einfach, einen Arbeitgeber zu finden, der Verständnis dafür hat, wenn man wegen eines kranken Kindes von der Baustelle wegmuss und zwei Tage nicht arbeiten kann", sagt sie. Ihr ehemaliger Chef war nicht bereit, ihr weniger Stunden zu geben. Sie schickte fünf Bewerbungen los, bevor sie Markus Hofstetter traf.

Er sagt: "Wenn jemand gewissenhaft arbeitet, ist es mir egal, ob die Person bis 14 Uhr oder länger da ist." Wenn er auf die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter eingehe, gewinne er loyale Mitarbeiter. "Sie sind die beste Werbung fürs Unternehmen", sagt er. Jede Woche bekomme er eine bis zwei Bewerbungen auf den Tisch. Er glaubt, dass hier eine Mischung aus Mundpropaganda und Außenwirkung wirkt. "Zum Beispiel: Die zwei jungen Frauen von uns, die Kunden im Gewerbepark betreuen – da sehen die Menschen jetzt auch mal Malerinnen herumlaufen", sagt er. Das verändere den Blick.

Der Chef kocht freitags in der kleinen Küche für sein Team. Sie scherzen miteinander und sind spürbar auf der Augenhöhe. "Je mehr Frauen im Betrieb sind, desto mehr Ruhe ist hier", sagt Hofstetter. Um die Praxis und Theorie in Schwung zu halten, bietet er ein Azubi-Camp an, mit Vorträgen oder Seminaren zu bestimmten Themen.

Die Azubi-Werbung ist sein Herzensprojekt. "Wir haben in Deutschland ein soziales Raster, durch das viele junge Menschen fallen", sagt Markus Hofstetter. Ob es Förderschüler sind, Menschen mit Migrationshintergrund oder mit psychischen Beeinträchtigungen: "Ich will unter dieses Raster einen doppelten Boden spannen und allen Menschen eine Chance geben", sagt der Malermeister. Nicht Schulnoten, Name oder Hautfarbe seien entscheidend, sondern das persönliche Gespräch. "Bei Bewerbungen sollte man am besten alle Angaben zur Herkunft, Religion und Gender schwärzen und den Menschen zum Gespräch einladen. Das Bauchgefühl soll entscheiden", sagt Hofstetter. Diese 15 Minuten seien eine gute Investition, denn nur im Gespräch spüre man, ob einer den Job wirklich will. "Es funktioniert nicht immer, aber man sollte sich nicht dagegen verwehren", sagt er. Sein Ziel ist es, die Azubis zu Führungskräften auszubilden.



In Deutsch organisiert er Nachhilfe

Hofstetter ist in einem Heim aufgewachsen. "Meine Erzeugerin konnte sich nicht um mich kümmern", sagt er wörtlich. Später gaben Menschen ihm in verschiedenen Praktika eine Chance, bis er seinen Beruf gefunden hat. "Wir haben auch einen ehemaligen Förderschüler, der heute Malermeister ist", schildert er ein weiteres Beispiel für gelungene Ausbildung. Wenn jemand Sprachdefizite hat, organisiert Hofstetter Nachhilfe. "Es bringt ja nichts, wenn jemand drei Jahre bei uns lernt und dann durch die Prüfung fällt, nur, weil es an der Sprache mangelt."

Seine Vorgehensweise scheint zu funktionieren. Für diesen Sommer ist Markus Hofstetter zuversichtlich, wieder vier bis fünf neue Azubis einstellen zu können.

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 17. Februar 2023