Durch Maurermeisterin Birgit Bauer erwachen Denkmäler zum neuen Leben.
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Durch Maurermeisterin Birgit Bauer erwachen Denkmäler zum neuen Leben.

Im GesprächAus Vergangenheit wird Wohnraum

Im Winter ruhen viele Baustellen. Diese Lücke hat sich Birgit Bauer aus Berching im Landkreis Neumarkt ausgesucht, um ein neues Projekt zu starten. Die Maurermeisterin begann 2009, leerstehende Häuser zu sanieren. In der Altstadt von Berching dreht es sich um ein eingetragenes Denkmalensemble. Zusammen mit ihrem Mann Joseph Bauer und einem Team aus acht Mitarbeitern wandeln sie Häuser aus dem 18. Jahrhundert in moderne Wohnungen und Büros um. Sie errichten auch Neubauten und helfen privaten Bauherren beim Bau.

Ihr Unternehmen Bauer Schöner Wohnen GmbH begann mit einem leerstehenden Haus für 28.000 Euro aus dem Jahr 1739. "Wir baggerten uns von unten nach oben durch und höhlten das Haus bis auf den Dachstuhl aus", erzählt Birgit Bauer. Am Ende gaben sie für die Sanierung der 80 Quadratmeter 146.000 Euro aus.

Ein Lückenfüller, der modernen Wohnraum schafft

Es habe sie einfach interessiert, was sie aus dem Haus machen können. "Ich will schöne Häuser gestalten, mit einem Garten und einem Stellplatz, das ist mir wichtig", sagt sie. Etwas Stolz ist sicher auch dabei, wenn sie sieht, was aus den alten Objekten entsteht.

"Es war als Lückenfüller im Winter gedacht. Beim Sanieren passiert ja viel im Innenbereich", sagt die Maurermeisterin. Inzwischen arbeiten sie das ganze Jahr über an verschiedenen Projekten. Am Ende werden sie vermietet. Die Nachfrage ist in Berching, wie überall, sehr groß.

Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wird der Wohnungsleerstand in der Fläche in den kommenden Jahren weiter zunehmen, zeitgleich mit Wohnungsknappheit und steigenden Mieten in den Städten. "Daher sollte die Umnutzung stadtbildprägender, innerörtlicher Leerstände gerade in Schrumpfungsregionen immer Neubausiedlungen am Stadtrand vorgezogen werden", empfehlen die Experten.

Birgit Bauer und ihr Team machen es vor: Seit 2019 wird das Lorenzviertel in Berching nachverdichtet. Das Bauunternehmen riss alte Hallen ab und baute fünf neue Häuser in Massivbauweise, um sie zu verkaufen. Eine Werkstatt aus dem Jahr 1900 wurde zu einem Haus umgewandelt.

Bei der Planung und Umsetzung wird Birgit Bauer von der Stadt Berching und Architekten unterstützt. Auch ihre beiden Töchter sind als Bauzeichnerin und Maurerin im Betrieb tätig. Das Team entkernt die Objekte, gräbt den Boden ab und verlegt eine Isolierung unter die Bodenplatte. Neuer Putz, Fenster und Türen, Elektro und Heizung ziehen ein. Die Dachziegel werden erneuert, nur das Holz bleibt. Außen wird das Haus wärmetechnisch auf den neuesten Stand gebracht. "Beim nächsten Haus wollen wir Steinwolle einsetzen", sagt Bauer. Ihr Ziel beim Altbau ist der Effizienzstandard 85.

"Wir bringen in jedes Objekt sehr viel Zeit ein", sagt Birgit Bauer, "wie meine Tochter sagt: Wir müssen jedes Haus so planen, als ob wir selbst da einziehen würden." Dabei sind denkmalgeschützte Häuser immer eine Überraschung. "Wir müssen während der Planung viel umwerfen und neu machen. Wenn zwei Wohnungen geplant sind, aber sie letztendlich zu klein sind, müssen wir alles ändern", sagt die Maurermeisterin.

Erst mussten die Eltern überzeugt werden

Den Grundstein für das Unternehmen legte vor 104 Jahren der Urgroßvater von Joseph Bauer. Birgit Bauer kam wiederum über ihre Eltern zum Bau: "Sie hatten ein Baugeschäft, deshalb war für mich klar, dass ich Maurerin werden wollte. Aber meine Eltern waren nicht begeistert, da musste ich viel Überzeugungsarbeit leisten", sagt sie und lächelt. Da ihre Eltern keine Meisterbriefe hatten, absolvierte sie später die Meisterprüfung.

Berching mit knapp 9.000 Einwohnern und kurzen Wegen ist ihr Lebensmittelpunkt. "Unser Steuerberater sagte, geht doch nach Nürnberg und saniert dort Häuser, aber da verliere ich viel Zeit auf dem Weg dahin", sagt sie. Zurzeit laufen parallel mehrere Sanierungen und Neubauten. Etwa ein Jahr brauchen sie pro Objekt. "Wir haben da überhaupt keinen Druck", sagt Bauer, die auch die abwechslungsreiche Arbeit zwischen den Neu- und Altbauten sehr zu schätzen weiß. "Ich bin nur im Winter im Büro, sonst bin ich 90 Prozent der Arbeitszeit draußen auf Baustellen", sagt sie. Auch ihr Mann sei dort stets präsent. "Deshalb haben wir auch wenig Reklamationen", sagt Bauer. Jetzt wartet sie nur noch, bis der Winter sich endlich verzieht und die Baustellen draußen wiedererwachen.

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Ein Artikel aus der Deutschen Handwerks Zeitung vom 3. März 2023