Etliche Handwerkebetriebe wirtschaften bereits nachhaltig. Doch es gibt Luft nach oben und Chancen auf große volkswirtschaftliche, ökonomische und ökologische Vorteile.
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Etliche Handwerksbetriebe wirtschaften bereits nachhaltig. Doch es gibt Luft nach oben und Chancen auf große volkswirtschaftliche, ökonomische und ökologische Vorteile.

Interview mit HWK-Abteilungsleiter Klaus Jocham Nachhaltige Betriebsführung - wo liegen die Chancen?

Nachhaltigkeit - ein Begriff in aller Munde. Was bedeutet er mit Blick auf die Betriebsführung im Handwerk?

Klaus Jocham: Nachhaltigkeit betrifft im Grunde das ganze Wirken eines Betriebes. Das geht damit los, dass ein Betrieb langfristig und eben "nachhaltig" ausgerichtet ist und nicht nur dem schnellen Geschäft hinterherjagt. Das Ganze geht noch weiter - Beispiel nachhaltige Personalpolitik. Also dem Bestreben, die Mitarbeiter langfristig zu halten. Und natürlich geht es auch um Umweltschutz und Ressourcenschonung.

Was hat ein Betrieb davon, wenn er in nachhaltiges Wirtschaften investiert?

Klaus Jocham: Das Thema Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln sind der Bevölkerung schon heute sehr wichtig, in Zukunft wird die Sensibilität zweifelsohne noch größer. Betriebe, die ihre nachhaltigen Strategien nach außen kommunizieren, können damit bei ihren Kunden erheblich punkten. Außerdem werden sie als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen, was ihnen den Wettbewerb um Fachkräfte erleichtert. Gleichzeitig macht nachhaltiges Wirtschaften ja insgesamt Sinn - volkswirtschaftlich, ökonomisch und ökologisch.

Etliche Handwerksbetriebe sind ja schon sehr nachhaltig….

Klaus Jocham: Genau, Viele sind heute schon, zumindest in Teilen, nachhaltig aufgestellt, das ist ja quasi die Essenz eines Handwerksbetriebs. Sie sind im Gegensatz zu Großkonzernen familiär geprägt und übernehmen langfristig in ihrer Region Verantwortung - als Arbeitgeber und als Dienstleister für die Kunden. Eine Vielzahl der Handwerker ist außerdem in einem Ehrenamt aktiv.

Verantwortungsvollen Umgang mit Klima, Umwelt und Ressourcen - haben Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis?

Klaus Jocham: Eine Metzgerei in unserem Kammergebiet bezieht nur noch Fleisch von ökologischen Landwirtschaften und stellt sämtliche Waren selbst her. Fazit: es können höhere Preise erzielt werden, die Kunden werden immer mehr. Die Motivation des Teams hat sich dadurch erhöht und das positive Betriebsklima tragen die Mitarbeiter nach außen. Das wiederum sorgt für das Interesse von Facharbeitern und Auszubildenden am Betrieb. Ein weiteres Beispiel: Eine Wäscherei hat den Prozesswasser-Kreislauf optimiert und so die Abwassermenge um 35 Prozent reduziert, den Energiebedarf sogar halbiert. Kurzum: Es gibt viele nachhaltige Wege, der Effekt ist aber immer positiv. Nicht umsonst hat die EU den Green Deal ins Leben gerufen, mit dem sie nachhaltiges Verhalten honoriert und fördern möchte.

Apropos Politik. Wie sieht die aktuelle politische Gangart aus? Wo müsste nachjustiert werden?

Klaus Jocham: Im Handwerk schlummert immens viel Potential, doch die Voraussetzungen sind noch nicht ideal. Dazu liefert der Zentralverband des Deutschen Handwerks Vorschläge in seinem Positionspapier "Werte erschaffen. Werte bewahren. Zukunft gestalten." Mit dem Papier stellt sich der Verband hinter die Bundesregierung, um die globalvereinbarten Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 umzusetzen. Damit Handwerksbetriebe besser unterstützt werden, sei es laut Positionspapier unter anderem wichtig, die regionalen Wirtschaftsstrukturen zu sichern, den Aufbau und die Sicherung von Fachkräften zu unterstützen, Innovationen nachhaltig zu stärken, die Energie- und Klimawende zu fördern und die Potenziale der Kreislaufwirtschaft zu heben.

Gibt es Förderungen für Handwerksbetriebe?

Klaus Jocham: Die Förderbanken KfW und LfA stellen verschiedene zinsgünstige Darlehen, teilweise mit Zuschüssen, für energieeffiziente Maßnahmen zur Verfügung. Auch Beratungen werden durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit Zuschüssen gefördert. Nicht nur bei Energieeffizienz, sondern auch zu Fragen der Unternehmensführung.

Wie kann man herausfinden, wo man beim Thema Nachhaltigkeit ganz individuell steht?

Klaus Jocham: Das Projektteam der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V. (ZWH) entwickelt gemeinsam mit Experten für nachhaltiges Wirtschaften praxisorientierte Management-Instrumente, die dabei helfen, das Thema Nachhaltigkeit im Handwerk wirksam zu verankern. Der Nachhaltigkeits-Navigator zum Beispiel ist ein kostenloses Management-Instrument, das eine Bestandsaufnahme der nachhaltigen Aktivitäten ermöglicht. Weitere Informationen gibt es unter www.nachhaltiges-handwerk.de.

Und wie hilft die Handwerkskammer?

Klaus Jocham: Die Handwerkskammer bietet im April 2021 einen kostenfreien Workshop mit zwei folgenden Online-Seminaren zum praxisnahen Einstieg in nachhaltiges Wirtschaften und die Nachhaltigkeitsberichterstattung an. Auf unserer Homepage gibt es demnächst weitere Details dazu. Selbstverständlich stehen auch unsere Berater individuell mit Rat und Tat zur Seite.

Ansprechpartner

Jocham Klaus Fotowerkstatt Gahr

Klaus Jocham

Abteilungsleiter

Tel. 0851 5301-128

Fax 0851 5301-189

klaus.jocham--at--hwkno.de



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