Liebt die Freiheit und das Abenteuer: 15 Jahre war Evi Lemberger als Fotojournalistin rund um den Globus unterwegs.
Johanna Wolfermann
Liebt die Freiheit und das Abenteuer: 15 Jahre war Evi Lemberger als Fotojournalistin rund um den Globus unterwegs.

Im Gespräch mit Fotografin Evi Lemberger aus Lam im Landkreis ChamMit der Kamera um die Welt

Im Alter von 20 Jahren hat Evi Lemberger einen Entschluss getroffen, der ihr ganzes Leben prägen sollte. Die junge Frau, die immer schon sehr freiheitsliebend und neugierig war, zog es in die Welt hinaus. Wie viele Jugendliche, wollte Lemberger nach ihrem Abitur zunächst ein freiwilliges soziales Auslandsjahr absolvieren. Schließlich war sie 15 Jahre unterwegs. Als Fotojournalistin dokumentierte sie das Leben der Menschen in fernen Ländern, mit gelegentlichen Aufenthalten in Deutschland. Vor knapp zwei Jahren kehrte die Globetrotterin wieder zurück in ihren Heimatort Lam, im Bayerischen Wald, wo sie seitdem ein eigenes Fotostudio betreibt.

(Lebens-)Reise beginnt in Bristol

"Ich hatte immer schon ein großes Interesse an Journalismus und Fotografie", berichtet die heute 37-Jährige. Dennoch hatte ihre erste Station im Ausland zunächst wenig damit zu tun. Ein Freund hatte ihr einen Platz an einer Förderschule für behinderte Kinder im englischen Bristol vermittelt. Dort half Lemberger bei der Betreuung der Kinder, was sie sehr prägte. "Die positiven Erfahrungen, die ich dort machen durfte, gaben mir in meinem unsteten Leben als reisende Fotografin immer Halt", sagt Evi Lemberger rückblickend. Nach dem Jahr in England ging Lemberger zunächst zurück nach Deutschland, in München begann sie ein Magisterstudium in Politikwissenschaften, merkte jedoch schnell, dass sie lieber kreativ arbeiten möchte. Sie bewarb sich und landete schließlich am "London College of Communication". Während ihres Studiums verbrachte sie ein Austauschsemester an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Nach ihrem Bachelor folgten Aufenthalte in verschiedensten Ländern, in denen sie fotojournalistisch tätig war: Südafrika, Ungarn, Russland, Ukraine, Bangladesch, Indien und Israel.

Die Geschichten "dahinter" einfangen

Die Fotoarbeiten von Evi Lemberger haben Einflüsse zeitgenössischer Kunst. Mit ihren Aufnahmen wolle sie Geschichten erzählen. Die der Einheimischen vor Ort. "Auf meinen Reisen wollte ich vor allem die Themen beleuchten, die vielleicht gerade nicht die Weltnachrichten beherrschen und dennoch wichtig sind, um zu verstehen", beschreibt sie es. So produzierte sie in Indien ein Porträt über einen Analphabeten, der sich sein eigenes Windkraftwerk gebaut hat. In Moskau beschäftigte sich Lemberger mit den Zielen, Wünschen und der Lebensweise von russischen Jugendlichen. In Ungarn dokumentierte sie den zunehmenden Rassismus. In der transsibirischen Eisenbahn nahm sie die Heimreise von russischen Bürgern an Weihnachten auf. Um nur wenige Beispiele zu nennen. Die dabei entstandenen Aufnahmen wurden in bekannten Medien, wie Süddeutsche Zeitung, Zeit online, Harper’s Bazaar, Glamour und Päng Magazin, sowie in Ausstellungen veröffentlicht. Bei ihrer Arbeit beobachtet die Fotografin genau: "Du musst offen für Menschen und ihre Sichtweisen sein. Dich ganz auf den Moment einstellen und fühlen."

Wunsch nach ruhigerem Leben wuchs

2010 verbrachte Lemberger zehn Monate in New York, am "International Center of Photography" verfeinerte sie ihr Können. Dort merkte sie, wie stark der Kontrast zwischen Stadt- und Landleben sein kann. "In der Stadt spürst du den Druck viel mehr, auf dem Land bist du freier im Kopf und kreativer." Diese Erkenntnis und ihr Wunsch nach einem ruhigeren Leben waren zwei der Gründe weshalb sie schließlich nach Deutschland zurückkehrte. In Halle machte Evi Lemberger ihren Master in der Fachrichtung Multimedia und Autorschaft. 2018 bot sich ihr die Gelegenheit, in ihrem Heimatort ein eigenes Fotoatelier zu eröffnen. Und Lemberger nutzte diese Chance. Heute ist sie stark in der Region verwurzelt, hat unter anderem den ansässigen Kulturverein mitbegründet und eine Fotoserie über den Bayerischen Wald herausgebracht. Ihr aktuelles Projekt: Eine Ausstellung ihrer Werke im Alten Schlachthof in Straubing. "Zwar bin ich heute gesettelter als die damalige Evi", lacht sie, "dennoch drückt mich noch oft das Fernweh." Länder wie Grönland und Aserbaidschan stünden ganz oben auf ihrer Liste. Ein großer Traum von ihr für die Zukunft: "Länger mit einem Frachtschiff unterwegs sein und erfahren, wie sich ein Leben auf dem Wasser anfühlt", sagt sie. Ein unkonventioneller Traum, wie die Person Evi Lemberger selbst.