Lenk- und Ruhezeiten und Tachographenpflicht

Die Lenk- und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Rahmen der Güter- und Personenbeförderung sind durch Europäisches Recht und ergänzend durch die deutsche Fahrpersonalverordnung (FPersV) geregelt. Es handelt sich bei diesen Regelungen um die Sozialvorschriften im Straßenverkehr und deren Kontrolle. Die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten muss nachgewiesen werden. Dies erfolgt durch Tachographen.

Seit Mai 2006 müssen alle neu zugelassenen Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen mit einem digitalen Tachographen ausgestattet sein. Fahrzeuge, die vor dem 1. Mai 2006 erstmalig zugelassen wurden, können auch mit einem analogen Kontrollgerät ausgestattet sein.

Fahrzeuge mit 2,8 bis 3,5 Tonnen, die zur Güterbeförderung dienen, unterliegen nicht der Einbaupflicht eines Tachographen. Ein vorhandener Tachograph muss jedoch bei einer aufzeichnungspflichtigen Fahrt betrieben werden. Eine aufzeichnungspflichtige Fahrt liegt vor, wenn keine der Ausnahmen greift.

Die unmittelbar geltende EU-Verordnung betrifft Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen.

Die deutsche FPersV regelt Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 2,8 Tonnen und nicht mehr als 3,5 Tonnen.

Fahrzeuge, die über eine zulässige Gesamtmasse bis einschließlich 2,8 Tonnen verfügen, unterliegen diesen Vorschriften nicht. Beträgt die Gesamtmasse aber zusammen mit einem Anhänger mehr als 2,8 Tonnen, greifen die Regelungen.



Ausnahmeregelungen für das Handwerk

  1. Fahrzeuge/Fahrzeugkombinationen über 2,8 bis 3,5 Tonnen:
    Im Gewichtsbereich über 2,8 bis 3,5 Tonnen gelten die deutschen Vorschriften der FPersV. Es sind folgende Fahrzeuge ohne Begrenzung mehr auf einen Umkreis von Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und Aufzeichnungspflichten ausgenommen. 

    Klassische "Handwerkerregelung" (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV)
    Die Ausnahme ist erfüllt, wenn nur Materialien, Ausrüstungen und Maschinen transportiert werden, die der Fahrer zur Ausübung seines Berufes benötigt (beispielsweise Werkzeug, Baumaterialien, Werkstoffe). Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen.

    Auslieferungsfahrten im Handwerk (§ 1 Abs. 2 Nr. 3a FPersV)
    Durch das Engagement der Handwerksorganisation konnte auch eine Ausnahmeregel für Auslieferungsfahrten von Handwerksbetrieben eingeführt werden. Die Fahrt muss der Beförderung von Gütern dienen, die im Betrieb, dem der Fahrer angehört, in handwerklicher Fertigung oder Kleinserie hergestellt wurden, oder deren Reparatur im Betrieb vorgesehen ist oder dort durchgeführt wurde. Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen.

    Ausnahme für Verkaufsfahrzeuge (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 FPersV)
    Eine weitere Ausnahme erfasst Verkaufswagen auf örtlichen Märkten und für den ambulanten Verkauf, die für diese Zwecke besonders ausgestattet sind. Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen. Diese Regelung ist insbesondere für das Bäcker- und Fleischerhandwerk von Bedeutung.

  2. Fahrzeugen/Fahrzeugkombinationen über 3,5 bis 7,5 Tonnen

    Seit 3. März 2015 gelten die europäischen Regelungen direkt. Art. 3aa der EG VO 561/2006 hat die Regelung des § 18 FPersV ersetzt. Die europäische Regelung sieht nur Vorschriften für die Güterbeförderung mit Fahrzeugen vor, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt.
    Es gibt folgende Ausnahmen (mit Relevanz für Handwerker):

    Klassische "Handwerkerregelung" (Art. 3aa der EG VO 561/2006)

    Von der Aufzeichnungspflicht ausgenommen sind Fahrzeuge, die zur Beförderung von Material, /Ausrüstungen oder Maschinen im Umkreis von 100 km vom Standort des Unternehmens benutzt werden, welche der Fahrer zur Ausübung seines Berufes benötigt. Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen.

    Auslieferungsfahrten (Art. 3aa der EG VO 561/2006)
    Bund und Länder haben sich 2010 darauf geeinigt, dass oberhalb von 3,5 Tonnen in Ergänzung der vorher genannten Ausnahmeregelung im Umkreis von 100 km vom Standort des Unternehmens auch Aus- und Anlieferungsfahrten von Gegenständen umfasst werden, die im Unternehmen hergestellt, bearbeitet oder repariert wurden. Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen.
    Gleiches gilt für den Abtransport von Abfallprodukten wie Bauschutt und Aushub.

    Verkaufsfahrzeuge 
    Nach einer Information des ZDH sind trotz fehlender Regelung weiterhin Verkaufswagen auf örtlichen Märkten und für den ambulanten Verkauf innerhalb eines Umkreises von 100 km von dieser Ausnahmeregelung umfasst. Das Lenken darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen.
    Dies ergibt sich aus der Begründung der FPersV 2015.

Auf der Seite des Bundesamts für Güterkraftverkehr finden Sie einen Leitfaden zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr, in der einzelne Erläuterungen zu finden sind. Ebenso gibt es einen Leitfaden zu den Fahrtenschreiberkarten.



Änderungen bei den Regelungen der EU

 Die Artikel 3 und 13 der VO (EG) Nr. 561/2006 (Verordnung über Lenk- und Ruhezeiten) wurden angepasst und am 31. Juli 2020 im Amtsblatt der EU veröffentlicht.



Aus Sicht des Handwerks kann bilanziert werden:

Die drohende Belastung für Fahrzeuge aus dem Handwerk in der Gewichtsklasse von 2,5 bis 3,5 Tonnen konnte fast vollständig durch gezielte Ausnahmen abgewendet werden.

Unmittelbare Änderungen ergeben sich für die Handwerksbetriebe momentan nicht.

 

Inhaltliche Zusammenfassung:

Art. 3 aa der VO:
Handwerkerausnahme für Fahrzeuge über 3,5 (bis 7,5) Tonnen

Der bisherige Bestand in Art. 3 aa der VO bleibt (in Absatz i) erhalten. In Art. 3 aa ii) der VO erfolgt eine Klarstellung, dass die Ausnahme auch für "handwerklich hergestellte Güter" gilt. Dies wurde in Deutschland zwar weitgehend schon so gehandhabt, aber in einzelnen Ländern immer wieder in Frage gestellt, da es nicht im Text der EU-Verordnung stand.

Im letzten Absatz des Art. 3 aa der VO zur Handwerkerausnahme über 3,5 bis 7,5 Tonnen bleibt es bei der bekannten Einschränkung hinsichtlich des Radius von 100 km.

Diese Regelung der EU-Verordnung gilt ab 20. August 2020 direkt in Deutschland.

Art. 3 ha der VO:
Ausnahme 2,5 bis 3,5 Tonnen

Diese Regelung tritt erst ab dem 1. Juli 2026 in Kraft. Bis dahin gilt die Regelung der deutschen Fahrpersonalverordnung für den Gewichtsbereich 2,8 bis 3,5 Tonnen.

Die neue Regelung im Einzelnen:

Generell gilt die neue Tachographenpflicht im Bereich 2,5 bis 3,5 Tonnen nur für "grenzüberschreitende Fahrten oder Kabotagebeförderungen" (siehe Art. 2 Abs. 1 aa der VO). Sogenannte Kabotagebeförderungen sind binnenländische Güterbeförderungen durch ausländische Frachtführer. Damit ist ein Großteil des Handwerks bereits von vornherein befreit.

Über Art. 3 ha der VO werden in diesem unteren Gewichtbereich zudem alle Güterbeförderungen "im Werkverkehr", wenn "das Fahren nicht die Haupttätigkeit der Person darstellt" (ohne Kilometerbeschränkung) befreit.

Änderung Art. 13 der VO
(optionale Ausnahmen, die jeweils durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen)

"Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen zur Beförderung von Baumaschinen für ein Bauunternehmen, die in einem Umkreis von höchstens 100 km vom Standort des Unternehmens benutzt werden, vorausgesetzt, dass das Lenken der Fahrzeuge für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt" (Art. 13 q der VO).

Diese zusätzliche Ausnahmeoption ermöglicht (bei Übernahme in deutsches Recht) den Transport von schweren Baumaschinen ohne die in der bisherigen Handwerkerausnahme bestehende Höchstgrenze von 7,5 Tonnen.

"Fahrzeuge, die für die Lieferung von Transportbeton verwendet werden." Der Transport von Transportbeton wäre bei Übernahme dieser Ausnahmeoption in das deutsche Recht ohne Gewichts- und Kilometergrenze "tachographenfrei" möglich (Art. 13 r der VO).

Die nach Art. 13 möglichen (optionalen) Ausnahmen wurden noch nicht umgesetzt. Der ZDH wird sich dafür einsetzen, dass diese Umsetzungen, die Erleichterungen für die Beförderung von Baumaschinen und die Lieferung von Transportbeton schaffen würde, in der neuen Legislaturperiode zeitnah realisiert werden.

 Ansprechpartner

Fragen beantworten Ihnen gerne Claudia Kreuzer-Marks (Oberpfalz) und Markus Scholler (Niederbayern).

Claudia Kreuzer-Marks

Abteilungsleiterin

Tel. 0941 7965-130

Fax 0941 7965 198

claudia.kreuzer-marks--at--hwkno.de

Markus Scholler

Rechtsassessor

Tel. 0851 5301-112

Fax 0851 5301-103

markus.scholler--at--hwkno.de



Hinweis

Das bloße Vorhandensein einer Anhängerkupplung löst keine Verpflichtung zur Einhaltung der Sozialvorschriften aus. Maßgeblich hierfür ist die zulässige Gesamtmasse des Fahrzeuges oder der Fahrzeugkombination.



 Informationen

Ausführliche Informationen zu Lenk- und Ruhezeiten



 Download

Leitfaden Sozialvorschriften im Straßenverkehr

Leitfaden zu den Fahrtenschreiberkarten